Motorradtour Schottland (2/4)

Der Ruf der Highlands - Wildnis, Whisky und ein Schloss

Die Speyside und Highlands sind Schauplätze im zweiten Teil des Reiseberichtes von meiner Motorradtour durch Schottland. Durch die wichtigste Region der weltweiten Whiskyproduktion und vorbei am Loch Ness geht es bis nach Inverness und dann in einem zweiten Schlag einmal quer durch die Highlands bis an den nördlichsten Punkt meiner Schottlandreise.

Schottlands raue Vergangenheit

Die raue und wilde Landschaft Schottlands ist schon fast sprichwörtlich. Und rau war das Land wohl schon immer. So sicherten die Römer sich mit dem Hadrianswall gegen sie Stämme im Norden ab, während sie England besetzten.

Etwa ab dem siebten Jahrhundert formte sich so etwas wie eine schottische Nation aus den vielen Stämmen in dieser Region. Immerzu gab es Auseinandersetzungen mit den Engländern im Süden.

Aber auch in Schottland selbst gab es immer wieder Konflikte. Beispielsweise durch Unstimmigkeiten der Adligen oder durch Missstimmungen zwischen den Bewohnern der Highlands und dem schottischen Hochadel weiter südlich. So starb in der schottischen Königslinie der Stuarts nahezu zwei Jahrhunderte kein Thronfolger eines natürlichen Todes.

Maria Stuart dürfte die bekannteste schottische Adlige überhaupt sein. Sie wurde bereits wenige Wochen nach ihrer Geburt die Königin Schottlands. Um sie zu schützen, brachte man sie nach Frankreich, dem Erzrivalen der Engländer. Hier wurde sie durch Heirat kurzzeitig auch Königin Frankreichs, musste aber nach dem frühen Tod ihres Mannes wieder nach Schottland. Die Franzosen hatten Maria Erbansprüche an den englischen Thron attestiert. Englands Königin Elizabeth I gefiel das naturgemäß nicht und obwohl sich die beiden Frauen nie persönlichen trafen, verband sie wohl nur die Feindschaft zueinander. 19 Jahre ihres Lebens verbachte Maria schließlich in Gefangenschaft von Elizabeth I und wurde letztlich hingerichtet. Bis heute wird Maria Stuart in Schottland noch von vielen Menschen geehrt. Im Jahr 1707, rund 150 Jahre nach Maria Stuarts Hinrichtung, ging die schottische Krone dann endgültig im englischen Königshaus auf.

Ein winziger Ausschnitt aus der schottischen Geschichte, aber auch das interessiert mich an den Regionen, die ich mit dem Motorrad bereise.

Diese Region kennt jeder Whiskey-Freund

Die weißen, mal mit dunkler Färbung bedachten Schäfchenwolken wandern gemächlich über den Himmel. Ich surfe über die noch zweispurigen Straßen, die sich sanft an die Hügel schmiegen.

In der Speyside, also der Region am Fluss Spey, sind so viele große Single Malt Namen vertreten, dass man das Motorrad hier fast von Destille zu Destille schieben könnte. Das sollte man denn auch, wenn man wirklich mehr als eine anschauen möchte. Um die 50 Whisky-Destillerien gibt es hier: Glenlivet, Macallen, Tomatin, Glenfiddich u. v. m.; solche Namen sind hier an nahezu jeder Kreuzung ausgeschildert: Das Mekka von Whisky-Fans weltweit.

Ich steuere die Glenfiddich Destillerie an, da es hier zumindest 2018 noch ein kleines Besucher Café gab und es die richtige Zeit für eine Pause war. Zwar gibt es noch den Shop aber das Café wurde wegrationalisiert. Für Geschäftspartner brauche man mehr Besprechungsräume und so musste das Café leider weichen. Der Shop-Mitarbeiter, der mich ansprach („What motorcycle do you ride?“), lieferte nicht nur die Erklärung, sondern auch gleich eine Lösung: In Dufftown gäbe es dieses „lovely little Café“. Er rief sogar dort an, um sicher zu gehen, dass noch ein Tisch für uns frei ist.

Ich hätte auch Pech haben und hier auf eine Touristenfalle hereinfallen können aber das Glassworks in Dufftown fällt absolut nicht in diese Kategorie. Ich werde schon erwartet und einer der wenigen kleinen Tische ist schon reserviert. Wir sind hier eindeutig unter Einheimischen und werden begrüßt und aufgenommen, als gehörten wir zur Dorfgemeinschaft. Ein Café, in dem man auch Bilder und Handarbeiten von Künstlern aus der Region erwerben kann.

Loch Ness und die Jagd nach ihr wisst schon wem

Auf der kleinen B9102 auf der nördlichen Seite des Spey, oft nah am Fluss entlang, geht es westwärts. Ich fahre dann auf kleinen Single Track Roads an das Südostufer von Loch Ness. Der bekannteste See Groß Britanniens ist lediglich 1,5 km breit aber 37 km lang. Die tiefste Stelle, in der sich Nessi hier verstecken könnte, sind es 230 m. Im Loch Ness ist damit mehr Wasser als in allen Seen von England und Wales zusammen. Besser ausgebaut ist die zweispurige A82 am Nordwestufer des Sees. Hier gäbe es auch die Ruinen des Urquhart Castle zu besichtigen. Den Weg kenne ich aber schon und kleine Straßen haben eben auch ihren Reiz.

Längs des Loch Ness über verschiedene Kanäle und zwei weitere Seen ist es übrigens möglich mit dem Schiff einmal diagonal durch Schottland durchzufahren. Dieser so genannte Great Glen verbindet den Atlantik mit der Nordsee. Die als Caledonian Canal bekannte Wasserstraße ist dabei nur 97 Kilometer lang.

Auf einen Spaziergang in Inverness

In Inverness, der Hauptstadt der Highlands, gibt es noch einen kleinen Rundgang durch die Stadt. Zuerst geht es dabei in die neugotische Inverness Cathedral aus dem Jahr 1869. Gerade als wir dort sind, probt ein Kinderchor, was der riesigen Kirche eine ganz besondere Stimmung gibt. Weiter ging es durch die Fußgängerzone und die Überdachte Einkaufspassage The Victorian Market aus dem 19. Jahrhundert. Hier gibt es kleine Souvenirgeschäfte, Cafés und Restaurants. Zurück auf die andere Seite des Ness ging es über die Fußgängerbrücke Greig Street Bridge. Im Jahr 1886 gebaut, schwingt sie bei jedem Schritt mit und verlangt einem einen kleinen Vertrauensvorschuss in die Konstruktion ab.

Bevor es am nächsten Tag quer durch die nördlichen Highlands geht, mache ich einen Stopp am Dunrobin Castle. Das heutige Äußere des Schlosses ist im französischen Stil gehalten und stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ebenso entstanden die Gartenanlagen zu dieser Zeit. Sie sind denen von Schloss Versailles nachempfunden. Der Garten wurde vom Architekten Sir Charles Barry gestaltet. Aus seiner Feder stammt auch der Palace of Westminster mit seinem markanten Glockenturm, also das Parlamentsgebäude in London.

Die einsame Seite der Highlands

Wenig später bin ich dann endlich da: Auf den einsamem Single Track Roads der nördlichen Highlands. Der Blick kann in die Ferne schweifen und wird nicht schon nach wenigen Metern schon wieder eingefangen. Ich weiß schon: Innerer Frieden heißt so, weil er idealerweise in einem selbst liegt bzw. hier seinen Ursprung hat. Aber wie auch immer man es nennen möchte, die Highlands machen etwas mit einem.

Am Loch Naver auf der B873 stelle ich das Motorrad einfach am Straßenrand der Single Track Road ab und mache eine Pause an diesem ruhigen See mitten im Nirgendwo.

Die Single Track Roads hier oben haben so ihre Tücken: Zum Beispiel zahllose Schafe und Lämmchen, die oft gefährlich nah an oder auf der Straße stehen. Das kann einem aber auch mit schottischen Hochlandrindern oder Rothirschen passieren.

Man sollte in jedem Fall aufmerksam sein, wenn man ein „Cattle Grid“ also ein Weidegitter überfährt. Dann muss man jederzeit mit Nutztieren auf der Straße rechnen.

Wie sind die Straßen in Schottland?

In Schottland, wie auch im restlichen Groß Britannien gibt es meist drei Straßenkategorien: M sind Motorways, vergleichbar mit den Autobahnen in Deutschland. Straßen, die mit A gekennzeichnet werden, sind überregionale und gut ausgebaute Hauptverkehrsachsen. Straßen der Kategorie B sind eher kleinere regionale Verbindungsstraßen.

Bei der Planung habe ich versucht möglichst oft Straßen der Kategorie B zu wählen. Diese sind eben oft klein, recht einsam und mäandern wundervoll durch die Landschaft. Schlaglöcher, Schmutz auf der Fahrbahn und nicht immer geschlossene Asphaltdecke, muss man dabei allerdings in Kauf nehmen. Ich mag solche Gegenden sehr und meine Triumph Tiger 800 XC und ich kommen damit gut zurecht. Ich kann mir vorstellen, dass es mit anderen Motorradtypen anstrengender ist auf solchen Straßen.

Endlich ein Wiedersehen mit Bettyhill

Als ich dann an der Küste ankomme, folge ich der A836, die hier zur Themenstraße NC500 gehört, nach Westen. Ich übernachte in meinem Sehnsuchtsort Bettyhill. Gerade als ich meinen Tank an einer der beiden Zapfsäulen im Ort gefüllt habe, setzt Regen ein. Bis zu meinem Hotel sind es aber keine 200 m mehr.

Lust auf mehr?

Wieso Bettyhill ein Sehnsuchtsort für mich ist?
Da ist zum einen der Charm dieses kleinen exponierten Ortes mit einem epischen Blick auf den meist menschenleeren, riesigen Torrisdale Beach. Zudem ein versteckter Aussichtspunkt (der sich langsam rumzusprechen scheint) von dem aus man in die wilde und ursprüngliche Farr Bay schauen und den tosenden Gezeiten zuschauen kann. Schaut euch gerne die Tourvideos an: Die Bilder zeigen hoffentlich besser, was ich nur schwer erklären kann. Schon bei meinem ersten Besuch hier 2018 ist es um mich geschehen.

Hier findest du den zweiten von vier Teilen zu meiner Schottlandreise. Wie wäre es alternativ mit einem Ausflug in die Holsteinische Schweiz? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz