Motorradtour Schottland (4/4)

Das Ende der Reise - Mystische Orte und Abschied von den Highlands

In diesem vierten und letzten Teil meines Reiseberichtes von Schottland starte ich mit einer Tour über die Insel Skye. Bevor es für mich zur Fähre nach Newcastle und somit heimwärts geht, beziehe ich zudem noch Station in der schönen Küstenstadt Oban und Schottlands größter Stadt Glasgow. Kurz zuvor besuche ich noch die mystische Kanzel des Teufels.

Nach Edinburgh ist Dornie die einzige Unterkunft, in der ich zwei Nächte übernachte. Das man abends in das wahnsinnig authentische The Clachan gehen und nach dem Abendessen in fünf Minuten zum Eilean Donan Castle gehen kann, das tagsüber ein Touristenmagnet und abends geradezu einsam auf seinem Felsen thront, finde ich eine unschlagbare Kombination.

Die Insel Skye

Die Koffer bleiben also ausnahmsweise im Zimmer, während ich mich startklar mache. Graue Wolken hängen tief und Regen scheint mir heute gewiss. Über die nahe Brücke setze ich über auf die Insel Skye. Für Skye-Besucher gibt es sicher irgendwo eine To-Do-Liste, welche Orte man gesehen haben muss, denn die Insel quillt über von Touristen, die alle die selbe Liste abzuarbeiten scheinen. Der erste Punkt auf dieser Liste auch für mich: Die Sligachan Bridge ist eine Steinbrücke, die um 1820 über den gleichnamigen Fluss erbaut wurde. Viele Wandertouren starten hier an diesem beliebten Fotomotiv. Die Brücke liegt in Sichtweite der A87 am Abzweig der A863. Wer auf die Isle of Skye fährt, kann diese Brücke also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gar nicht übersehen.

Im Fünfminutentakt wechselt das Wetter zwischen Nieselregen und Regenpause, daher schaue ich nur vom Parkplatz Richtung Fairy Pools. Diese Feenbecken, die als unterschiedliche große Wasserbecken über kleine Wasserfälle miteinander verbunden sind, kenne ich somit weiterhin nur von Fotos, denn den Fußweg möchte ich in Motorradklamotten samt atmungsunfähiger Regenkleidung drüber nicht auf mich nehmen. Ich habe nichts gegen Wanderetappen, aber bei dem Wetter spare ich mir die halbe Stunde pro Weg.

Einer der Hot Spots auf Skye und mein nächstes Ziel ist sicher die Halbinsel Neist Point mit ihren spektakulären Klippen und dem 1909 errichteten Leuchtturm auf der äußersten Spitze. Mit dem Motorrad findet man hier gut ein Plätzchen, wo man sich hinstellen kann. Autofahrer müssen mitunter schon mehrfach auf und ab fahren, bis sie einen freien Parkplatz ergattern.

Auf dem Weg nach Portree, dem Hauptort der Insel, finde ich dann doch noch einige der kleinen und idyllischen Sträßchen auf Skye. Mit seiner bunten Häuserzeile am Hafen ist Portree vielen bestimmt schon einmal als Foto begegnet. Mit seinen vielleicht 2.500 bis 3.000 Einwohnern und heute geschätzten doppelten Menge an Besuchern finde ich selbst mit Motorrad kaum einen Parkplatz. Viele stören sich nicht daran, aber ich kann mit solchen Menschenmassen nicht viel anfangen und gebe meiner Tiger bei Zeiten wieder die Sporen.

Auf meiner Weiterfahrt zur nächsten Sehenswürdigkeit wird es mir zu bunt. Das Navigationssystem zeigt mit noch vier Kilometer bis zu meinem Ziel an, aber ich stehe im Stau. Ich könnte mich zwar vorbei schlängeln, aber ich will eigentlich keinen Ort besuchen, an dem schon so viele andere Leute herumstehen. Ich drehe um. Ich fahre also zurück nach Portree und verlasse über die die A87 die Insel Skye.

Als wollte sich Schottland versöhnlich zeigen, kommt nachmittags bis zum Abend noch einmal die Sonne heraus. Nach einem guten Abendessen und zwei großen IPA im The Clachan spaziere ich nocheinmal zum Eilean Donan Castle und genieße den Abend.

Durch das Glen Coe bis nach Oban

Das Glenfinnan Viadukt aus Harry Potter findest du in den GPX-Daten zu dieser Tour am Ende des Artikels. Ich lasse es links liegen und mache mich direkt auf in das beeindruckende Tal Glen Coe. Eine urtypischere Schottland-Landschaft ist wohl schwer zu finden, wurden hier doch gleich mehrerer Filme gedreht Braveheart, Rob Roy, James Bond Skyfall, Highlander und Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Leider hängen die Wolken auch an diesem Tag tief und ich kann die Regenklamotten erst in Oban ausziehen, aber in Sachen Dramatik ist dies das i-Tüpfelchen für diesen Ort. Falls du dieselbe Pose wie Daniel Craig in Skyfall hier einnehmen möchtest, findest du auch diesen Punkt in den GPX-Daten.

Die Gegend ist ein Paradis für Outdoor-Fans: Etliche Wanderwege und Skipisten verlaufen in diesem Tal und der Ben Nevis, mit 1.345 m höchster Berg Schottlands und Großbritanniens, ist nicht weit weg.

Das Tal hat wie viele Gegenden Schottlands auch eine düstere Vergangenheit. Es ist auch als Tal der Tränen bekannt, seit 1692 Clans-Streitigkeiten zu einem hinterlistigen Massaker (dem Massaker von Glencoe) führten. Mindestens 38 Männer wurden ermordet und mutmaßlich 40 Frauen und Kinder starben bei ihrer Flucht, weil sie schutzlos keine Chance gegen die Witterung im Februar hatten.

Ich verlasse nach einiger Zeit die A82, die durch das Glen Coe führt und finde mich schnell auf wesentlich leereren Single Track Roads wieder. Nicht weniger mystisch geht es hier durch eine nahezu menschenleere Idylle.

Auf kleinen verschlungenen Pfaden durch etliche Nutztierweiden nähere ich mich Oban. Die Stadt hat keine 10.000 Einwohner, liegt an einer geschützten Bucht an der Westküste Schottlands und bietet alles, was man so braucht.

An einer Stelle steht genau auf der anderen Seite eines Weidegitters auf der Straße ein schottisches Hochlandrind mit respekteinflößenden Hörnern samt Kälbchen. Ich beobachte die Situation längere Zeit, aber das Tier scheint gemütlich wiederzukäuen und keinerlei Interesse daran zu haben, sich jemals wieder einen Schritt in irgendeine Richtung zu bewegen. Einen örtlichen E-Bike-Fahrer lässt die Situation völlig kalt und er fährt einfach mit Schmackes zwischen Rind und Kalb hindurch, ohne auf die Hörner genommen zu werden. Ich tue es ihm gleich.

Der Himmel klarte auf den letzten Kilometern schon deutlich auf und in Oban angekommen, gab es dann blauen Himmel und frühlingshafte Temperaturen.

Direkt neben meinem Hotel war die St. Columba’s Cathedral. Wir waren zu dieser Zeit die einzigen Besucher: Das hat etwas Faszinierendes ist aber auch ein wenig gruselig. Im Jahr 1932 wurde der Grundstein gelegt, aber der zweite Weltkrieg verzögerte den neogotischen Bau wohl, der 1952 fertiggestellt wurde.

Der Stadtrundgang führt mich unter anderem zum McCaig’s Tower. 1897 hat der wohlhabende Bankier John Stuart McCaig diesen Tower, der dem Kolosseum in Rom nachempfunden ist, in Auftrag gegeben. Fünf Jahre wurde daran gebaut, fertig gestellt wurde es allerdings nie, denn nach seinem Tod wurden die Bauarbeiten eingestellt. Das Bauwerk mit rund 200 m Durchmesser sollte der Familie wohl ein Monument setzen und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen. Allein durch die Lage ist der Tower einen Ausflug wert, denn man hat eine schöne Aussicht von hier oben auf ganz Oban und über die Bucht und den Hafen.

Tourismus Schottland

Am nächsten Tag scheint die Sonne und ich scheine wieder ein gutes Händchen für meine Tourplanung gehabt zu haben. Ich fahre auf verkehrsarmen leicht geschwungenen Straßen durch bildschöne Landschaften.

Dass man diese Landschaften nicht immer für sich hat, hat mir unter anderem der Tag auf Skye gezeigt. Es hat sich eben auf der Welt herumgesprochen, wie schön dieses Land ist. Pro Jahr verzeichnet Schottland zwischen 14 und 15 Millionen Besucher. Davon kommen etwa 13 % aus Deutschland.

Am Tourismus hingen im Jahr 2015 rund 217.000 Arbeitsplätze. Das waren 9 % aller Arbeitsplätze in Schottland.

Der Erfolg kommt nicht von Ungefähr. Zahlreiche Filme und Serien wurden zum Teil in Schottland gedreht. Im Jahr 2012 startete zudem die nationale Tourismus-Strategie „Tourism Scotland 2020“. Davon sollten gerade die strukturschwachen ländlichen Regionen wie auf den Inseln vom Tourismus profitieren.

Zum Glück ist Schottland groß und vielerorts merkt man nicht so sehr, wie viele andere zeitgleich in diesem wunderschönen Land unterwegs sind.

Loch Awe und Ardchonnel Castle

An der Ostseite des wenig bekannten aber 37 km langen Loch Awe rolle ich von Süd nach Nord und stoppe auf der Höhe einer kleinen Insel. Diese beherbergt wahrscheinlich schon seit dem 13. Jahrhundert Ardchonnel Castle, welches aber schon seit Jahrhunderten dem Verfall preisgegeben ist und stark zugewachsen.

Wirtschaft Schottland

Neben dem Tourismus sind die Ölförderung, die Whisky-Produktion, die erneuerbaren Energien und dann die Landwirtschaft samt Jagd-Tourismus die treibenden Wirtschaftssektoren in Schottland.

Die Landverteilung in Schottland ist wohl höchst ungerecht: Laut einer auf Wikipedia zitierten Quelle von 2009 gehören 10 % Schottlands allein 18 Personen. Diese Ungleichheit geht wohl zurück auf das 16. Jahrhundert, als die Ländereien der Kirche unter den mächtigsten Adligen aufgeteilt wurden. Es gab Initiativen dies zu ändern aber wie weit diese gekommen sind, habe ich nicht weiter recherchiert.

Loch Lomond

Langsam werden die Straßen wieder reichlich voll. Ich nähere mich Loch Lomond. Dieser ist mit seinen 71 Quadratkilometern der flächenmäßig größte See der Insel Großbritannien. Zudem ist er ein beliebtes Reiseziel auch für die Briten und bietet bei gutem Wetter entsprechendes Urlaubsflair, dass mich jedes Mal ein wenig an Italien erinnert.

Devil's Pulpit

Nahe Glasgow hatte ich noch eine, wie ich finde, besondere Sehenswürdigkeit recherchiert: „Devil’s Pulpit“ also die „Teufelskanzel“.

Der Finnich Glen hat eine tiefe Schlucht mit steilen Wänden in die Landschaft gespült. Hier soll der Teufel zu seinen Jüngern gesprochen und Druiden wilde Rituale abgehalten haben. Mit seinem fast roten Wasser und den grünen Pflanzen überall ist dies in jedem Fall ein ganz besonders mystischer Ort.

Der Abstieg ist steil und mit Vorsicht zu genießen, aber der Anblick lohnt sich.

Glasgow

In Glasgow bin ich einigermaßen platt und schaue mir lediglich die St. Mungo’s Cathedral an, die in direkter Nachbarschaft zur Unterkunft liegt. Die Kathedrale wurde im 13. Jahrhundert erbaut und nach dem ersten Bischof von Glasgow benannt.

Neben einem kurzen Abendessen bleibt mir leider nicht viel mehr Zeit in Glasgow. Wirklich schade, die Stadt hätte noch mehr Dinge zu bieten, die mich interessieren. Die Zeichen sprechen dafür, dass ich mindestens noch einmal nach Schottland fahren sollte.

Um die Stadt und ihren Speckgürtel zu verlassen, schwinge ich mich zunächst kurz auf die Autobahn. Danach geht es auf mal mehr mal weniger beschaulichen Landstraßen langsam, aber sicher Richtung Südosten. Ich habe versucht mir einen Straßenmix herauszuarbeiten, die mich rechtzeitig an der Fähre ankommen aber nicht nur geradeaus fahren lassen.

Offroad

Dann führt mich meine Tourplanung noch auf den letzten Kilometern in Schottland auf eine kleine Offroad-Passage. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm macht aber schon Spaß, es war ja auch ein schönes Fleckchen und gutes Wetter. Allerdings mit Passagier und drei Koffern bin ich dann doch eher gemäßigt unterwegs. Zudem steht mein erstes Offroad-Fahrtraining erst nach meinem Schottlandtrip im Kalender.

Schottlands Grenze

Die schottisch-englische-Grenze passiere ich lediglich im Vorbeifahren und winke zum Abschied. Bald darauf geht es schon wieder zurück auf die Fähre. Da sehnt man sich eine Tour so lange herbei, recherchiert und plant. Dann geht es endlich los und einen Wimpernschlag später ist die Tour auch schon so gut wie vorbei.

Fähre und Abschied

Die Fähre ist wie schon auf der Hinfahrt mächtig gefüllt und die Motorräder parken dicht an dicht und man kann sich selbst kaum durch die Reihen zwängen. Mit Gepäck macht das richtig Spaß und auch das Abspannen des Motorrads ist nicht so einfach bei so wenig Raum.

Mensch und Technik ist nichts passiert, alle sind wohlbehalten wieder zurück auf der Fähre: Da fallen tatsächlich auch immer ein paar Sorgen von mir ab. Mit einem Bier und ein paar Chips schaue ich mir tiefenentspannt an, wie unsere Fähre den Hafen von Newcastle verlässt. Ich freue mich auf das reichhaltige Buffet samt ein, zwei weiterer Bier. Die Wetterprognose prophezeit eine ruhige Überfahrt. Was will man mehr?

Die Autobahnfahrt zurück nach Deutschland könnt ihr euch lebhaft auch ohne meine Beschreibung vorstellen, daher erspare ich euch das.

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