Motorrad-Eldorado an der Ostsee

Mit dem Motorrad zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz

Kenner wissen es schon lange: Die Holsteinische Schweiz eignet sich bestens für eine Motorradtour: Nahe an der Ostsee hat die letzte Eiszeit sanfte Hügel in der Landschaft hinterlassen, die Straßenbauer mit vielen schmalen und schön geschwungenen Kurven veredelt haben. Rund 580 km habe ich eingeplant und mir dafür knappe drei Tage reserviert.

Motorradtour Schleswig Holstein

Mit ihren offenen Landschaften, sanften Hügeln und malerischen Seen bietet die Holsteinische Schweiz eine wundervolle Kulisse für eine Motorradtour. Die Straßen sind oft wenig befahren. Manche verlaufen entlang der Küste, andere durch dichte Wälder oder vorbei an weitläufigen Feldern, von denen der blühende Raps von April bis Mai mit gelbem Licht die Landschaft flutet. Hier kann man die Natur in vollen Zügen genießen und die Gedanken schweifen lassen.

Ich starte an einem noch kühlen Freitagmorgen mit einem kurzen Sprung auf der Autobahn bis in die gemütliche Hansestadt Lübeck. Am Wahrzeichen der Hansestand vorbei, dem 1478 erbauten Holstentor, lasse ich das Motorrad erstmal stehen und erkunde Fuß die Altstadt und statte dem europäischen Hansemuseum einen schon langen angedachten Besuch ab. Es gäbe noch viel mehr zu entdecken. Wer eine längere Anreise direkt mit einer ersten Übernachtung in Lübeck verbindet, dürfte das nicht bereuen.

Holsteinische Schweiz

Hinter Lübeck geht es nochmal recht flott Richtung Ostsee. An der Seebrücke Niendorf hole ich mir meine frische Ostseebrise zur Begrüßung direkt am Strand ab. Ich lasse meine Video-Drohne kurz aufsteigen aber hole sie schnell wieder zurück, als Silbermöwen mutmaßlich auf Abfangkurs gehen.

Auf dem Holsteiner Ocean Drive geht es durch Timmendorfer Strand und bis nach Scharbeutz auf gerader Strecke, aber hier gibt es am Wegesrand mit Luxushotels und Strand genug Ablenkung fürs Auge. Landeinwärts werden die Straßen dann schon motorradfreundlicher und auch der Verkehr nimmt ab.

Bad Segeberg durchfahre ich lediglich auf meinem Weg nach Plön. Das Thermometer dürfte vielleicht gerade auf 10 Grad kommen, meist ist es bewölkt und manchmal kommt noch etwas Nieselregen hinzu. Dem, im 17. Jahrhundert erbauten, Plöner Schloss statte ich daher nur einen kurzen, aber interessierten Besuch ab, bevor ich der Unterkunft entgegenfiebere: Der Landgasthof Kasch in Timmdorf ist für zwei Nächte meine Heimatbasis. Nach einer heißen Dusche kann hier der Tag bei Pannfisch (mehlierte oder auch panierte, gebratene Fischfilets) mit Bratkartoffeln und einem wohlverdienten Hefeweizen ausklingen.

Zweiter Tag

Am zweiten Tag strahlt die Sonne bei zwar niedrigen, aber soliden zweistelligen Temperaturen. Bei Sonnenschein ist die gefühlte Temperatur aber deutlich höher. Erster Halt wird Eutin. Das Schloss, der malerische Marktplatz, der Schlossgarten: Alles für sich würde den Besuch der Stadt schon rechtfertigen. In der Stadt, besonders um den Marktplatz herum, finden sich viele Gebäude spätklassizistischer Prägung. Auch Gebäudesubstanz, die noch vom Mittelalter berichten könnte, ist vorhanden. Die Seebühne ist leider abgesperrt, da sie derzeit komplett umgebaut wird. Mit der direkten See-Lage kann man sich aber problemlos vorstellen, dass Veranstaltungen hier ein ganz besonderes Flair bekommen.

Immer wieder durchschneiden die kleinen Sträßchen eine sanft gewellte Landschaft, die kilometerweit gelb leuchtet dank Milliarden von Rapsblüten, die den Bienen den Kopf verdrehen. Lediglich unterbrochen von grünen Baumtupfern verbreitet diese Energiepflanze großflächig gute Laune. Zwischen April und Mai wirkt dieser Zauber in Schleswig-Holstein.

Ganz andere See-Lagen erwarten mich, denn die nächsten Stationen haben direkten Ostsee-Kontakt. Grömitz, Fehmarn und Heiligenhafen bieten beste Ostsee-Urlaubskulisse und schöne Stopps aber die Hügel im Hinterland locken mich doch mehr.

Kleine und kleinste auch mal schroffe Asphaltbändsel, die von wenigen kleinen Orten (eher Siedlungen) unterbrochen werden, führen mich dann an den höchsten Punkt in Schleswig-Holstein: Dem Bungsberg. Die letzten Meter gehen über eine geschotterte Einbahnstraße und ich erreiche den Elisabethturm und eine Gaststätte. Perfekter Gipfel-Kaffee-Stopp, wenn auch nach serpentinenfreier Anfahrt.

Heimreise

Am letzten Tag meiner Tour begrüßt mich noch einmal herrlicher Sonnenschein mit Bilderbuch-Schäfchenwolken. Vorbei am Museums U-Boot und Marine-Ehrenmal in Laboe gibt es noch eine heißte Schokolade in Kiel und Blick auf die Fähren, die unermüdlich ihre Gäste nach Norwegen, Schweden oder Litauen tragen wollen. Manch bier-vergnügter Norweger bereichert das Straßenbild, ist doch die Tour nach Kiel ein, in mehrfacher Sicht, lohnender Wochenend-Tripp bei den Alkoholpreisen zuhause –ich gönne es ihnen.

Mit teils wenig erquickenden Streckenabschnitten arbeite ich mich Süd westwärts. Ab Itzehoe folge ich wieder auf kleinen Straßen dem verwundenen kleinen Fluss Stör bis zur Elbfähre Glückstadt-Wischhafen und wechsle hier die Elbseite.

Bei Osten habe ich noch einmal Glück und erwische die denkmalgeschützte Schwebefähre bei einer ihrer letzten Fahrten für diesen Tag. Wundervoll langsam und leise stellt sie seit 1909 den Fährverkehr zwischen Osten und Hemmoor sicher. Über die nahe Brücke geht es sicher schneller, aber wer war mit seinem Motorrad schonmal auf einer Schwebefähre?

Lust auf mehr?

Wer eine weitere An- und Abreise hat, kann wunderbar die Tour verlängern und sich noch das Alte Land anschauen. Nahezu zeitgleich mit der Rapsblüte findet dort nämlich die Obstblüte statt. Den passenden Artikel und die passenden GPX-Daten findet ihr hier: Zur Apfelblüte durchs Alte Land.