Schottland – ride4awhile https://ride4awhile.com Thu, 25 Apr 2024 04:50:15 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 https://ride4awhile.com/wp-content/uploads/2023/03/cropped-Logo-rund-32x32.png Schottland – ride4awhile https://ride4awhile.com 32 32 Das Ende der Reise – Mystische Orte und Abschied von den Highlands https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-4/ Fri, 08 Sep 2023 16:16:44 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1049

Motorradtour Schottland (4/4)

Das Ende der Reise - Mystische Orte und Abschied von den Highlands

In diesem vierten und letzten Teil meines Reiseberichtes von Schottland starte ich mit einer Tour über die Insel Skye. Bevor es für mich zur Fähre nach Newcastle und somit heimwärts geht, beziehe ich zudem noch Station in der schönen Küstenstadt Oban und Schottlands größter Stadt Glasgow. Kurz zuvor besuche ich noch die mystische Kanzel des Teufels.

Nach Edinburgh ist Dornie die einzige Unterkunft, in der ich zwei Nächte übernachte. Das man abends in das wahnsinnig authentische The Clachan gehen und nach dem Abendessen in fünf Minuten zum Eilean Donan Castle gehen kann, das tagsüber ein Touristenmagnet und abends geradezu einsam auf seinem Felsen thront, finde ich eine unschlagbare Kombination.

Die Insel Skye

Die Koffer bleiben also ausnahmsweise im Zimmer, während ich mich startklar mache. Graue Wolken hängen tief und Regen scheint mir heute gewiss. Über die nahe Brücke setze ich über auf die Insel Skye. Für Skye-Besucher gibt es sicher irgendwo eine To-Do-Liste, welche Orte man gesehen haben muss, denn die Insel quillt über von Touristen, die alle die selbe Liste abzuarbeiten scheinen. Der erste Punkt auf dieser Liste auch für mich: Die Sligachan Bridge ist eine Steinbrücke, die um 1820 über den gleichnamigen Fluss erbaut wurde. Viele Wandertouren starten hier an diesem beliebten Fotomotiv. Die Brücke liegt in Sichtweite der A87 am Abzweig der A863. Wer auf die Isle of Skye fährt, kann diese Brücke also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gar nicht übersehen.

Im Fünfminutentakt wechselt das Wetter zwischen Nieselregen und Regenpause, daher schaue ich nur vom Parkplatz Richtung Fairy Pools. Diese Feenbecken, die als unterschiedliche große Wasserbecken über kleine Wasserfälle miteinander verbunden sind, kenne ich somit weiterhin nur von Fotos, denn den Fußweg möchte ich in Motorradklamotten samt atmungsunfähiger Regenkleidung drüber nicht auf mich nehmen. Ich habe nichts gegen Wanderetappen, aber bei dem Wetter spare ich mir die halbe Stunde pro Weg.

Einer der Hot Spots auf Skye und mein nächstes Ziel ist sicher die Halbinsel Neist Point mit ihren spektakulären Klippen und dem 1909 errichteten Leuchtturm auf der äußersten Spitze. Mit dem Motorrad findet man hier gut ein Plätzchen, wo man sich hinstellen kann. Autofahrer müssen mitunter schon mehrfach auf und ab fahren, bis sie einen freien Parkplatz ergattern.

Auf dem Weg nach Portree, dem Hauptort der Insel, finde ich dann doch noch einige der kleinen und idyllischen Sträßchen auf Skye. Mit seiner bunten Häuserzeile am Hafen ist Portree vielen bestimmt schon einmal als Foto begegnet. Mit seinen vielleicht 2.500 bis 3.000 Einwohnern und heute geschätzten doppelten Menge an Besuchern finde ich selbst mit Motorrad kaum einen Parkplatz. Viele stören sich nicht daran, aber ich kann mit solchen Menschenmassen nicht viel anfangen und gebe meiner Tiger bei Zeiten wieder die Sporen.

Auf meiner Weiterfahrt zur nächsten Sehenswürdigkeit wird es mir zu bunt. Das Navigationssystem zeigt mit noch vier Kilometer bis zu meinem Ziel an, aber ich stehe im Stau. Ich könnte mich zwar vorbei schlängeln, aber ich will eigentlich keinen Ort besuchen, an dem schon so viele andere Leute herumstehen. Ich drehe um. Ich fahre also zurück nach Portree und verlasse über die die A87 die Insel Skye.

Als wollte sich Schottland versöhnlich zeigen, kommt nachmittags bis zum Abend noch einmal die Sonne heraus. Nach einem guten Abendessen und zwei großen IPA im The Clachan spaziere ich nocheinmal zum Eilean Donan Castle und genieße den Abend.

Durch das Glen Coe bis nach Oban

Das Glenfinnan Viadukt aus Harry Potter findest du in den GPX-Daten zu dieser Tour am Ende des Artikels. Ich lasse es links liegen und mache mich direkt auf in das beeindruckende Tal Glen Coe. Eine urtypischere Schottland-Landschaft ist wohl schwer zu finden, wurden hier doch gleich mehrerer Filme gedreht Braveheart, Rob Roy, James Bond Skyfall, Highlander und Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Leider hängen die Wolken auch an diesem Tag tief und ich kann die Regenklamotten erst in Oban ausziehen, aber in Sachen Dramatik ist dies das i-Tüpfelchen für diesen Ort. Falls du dieselbe Pose wie Daniel Craig in Skyfall hier einnehmen möchtest, findest du auch diesen Punkt in den GPX-Daten.

Die Gegend ist ein Paradis für Outdoor-Fans: Etliche Wanderwege und Skipisten verlaufen in diesem Tal und der Ben Nevis, mit 1.345 m höchster Berg Schottlands und Großbritanniens, ist nicht weit weg.

Das Tal hat wie viele Gegenden Schottlands auch eine düstere Vergangenheit. Es ist auch als Tal der Tränen bekannt, seit 1692 Clans-Streitigkeiten zu einem hinterlistigen Massaker (dem Massaker von Glencoe) führten. Mindestens 38 Männer wurden ermordet und mutmaßlich 40 Frauen und Kinder starben bei ihrer Flucht, weil sie schutzlos keine Chance gegen die Witterung im Februar hatten.

Ich verlasse nach einiger Zeit die A82, die durch das Glen Coe führt und finde mich schnell auf wesentlich leereren Single Track Roads wieder. Nicht weniger mystisch geht es hier durch eine nahezu menschenleere Idylle.

Auf kleinen verschlungenen Pfaden durch etliche Nutztierweiden nähere ich mich Oban. Die Stadt hat keine 10.000 Einwohner, liegt an einer geschützten Bucht an der Westküste Schottlands und bietet alles, was man so braucht.

An einer Stelle steht genau auf der anderen Seite eines Weidegitters auf der Straße ein schottisches Hochlandrind mit respekteinflößenden Hörnern samt Kälbchen. Ich beobachte die Situation längere Zeit, aber das Tier scheint gemütlich wiederzukäuen und keinerlei Interesse daran zu haben, sich jemals wieder einen Schritt in irgendeine Richtung zu bewegen. Einen örtlichen E-Bike-Fahrer lässt die Situation völlig kalt und er fährt einfach mit Schmackes zwischen Rind und Kalb hindurch, ohne auf die Hörner genommen zu werden. Ich tue es ihm gleich.

Der Himmel klarte auf den letzten Kilometern schon deutlich auf und in Oban angekommen, gab es dann blauen Himmel und frühlingshafte Temperaturen.

Direkt neben meinem Hotel war die St. Columba’s Cathedral. Wir waren zu dieser Zeit die einzigen Besucher: Das hat etwas Faszinierendes ist aber auch ein wenig gruselig. Im Jahr 1932 wurde der Grundstein gelegt, aber der zweite Weltkrieg verzögerte den neogotischen Bau wohl, der 1952 fertiggestellt wurde.

Der Stadtrundgang führt mich unter anderem zum McCaig’s Tower. 1897 hat der wohlhabende Bankier John Stuart McCaig diesen Tower, der dem Kolosseum in Rom nachempfunden ist, in Auftrag gegeben. Fünf Jahre wurde daran gebaut, fertig gestellt wurde es allerdings nie, denn nach seinem Tod wurden die Bauarbeiten eingestellt. Das Bauwerk mit rund 200 m Durchmesser sollte der Familie wohl ein Monument setzen und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen. Allein durch die Lage ist der Tower einen Ausflug wert, denn man hat eine schöne Aussicht von hier oben auf ganz Oban und über die Bucht und den Hafen.

Tourismus Schottland

Am nächsten Tag scheint die Sonne und ich scheine wieder ein gutes Händchen für meine Tourplanung gehabt zu haben. Ich fahre auf verkehrsarmen leicht geschwungenen Straßen durch bildschöne Landschaften.

Dass man diese Landschaften nicht immer für sich hat, hat mir unter anderem der Tag auf Skye gezeigt. Es hat sich eben auf der Welt herumgesprochen, wie schön dieses Land ist. Pro Jahr verzeichnet Schottland zwischen 14 und 15 Millionen Besucher. Davon kommen etwa 13 % aus Deutschland.

Am Tourismus hingen im Jahr 2015 rund 217.000 Arbeitsplätze. Das waren 9 % aller Arbeitsplätze in Schottland.

Der Erfolg kommt nicht von Ungefähr. Zahlreiche Filme und Serien wurden zum Teil in Schottland gedreht. Im Jahr 2012 startete zudem die nationale Tourismus-Strategie „Tourism Scotland 2020“. Davon sollten gerade die strukturschwachen ländlichen Regionen wie auf den Inseln vom Tourismus profitieren.

Zum Glück ist Schottland groß und vielerorts merkt man nicht so sehr, wie viele andere zeitgleich in diesem wunderschönen Land unterwegs sind.

Loch Awe und Ardchonnel Castle

An der Ostseite des wenig bekannten aber 37 km langen Loch Awe rolle ich von Süd nach Nord und stoppe auf der Höhe einer kleinen Insel. Diese beherbergt wahrscheinlich schon seit dem 13. Jahrhundert Ardchonnel Castle, welches aber schon seit Jahrhunderten dem Verfall preisgegeben ist und stark zugewachsen.

Wirtschaft Schottland

Neben dem Tourismus sind die Ölförderung, die Whisky-Produktion, die erneuerbaren Energien und dann die Landwirtschaft samt Jagd-Tourismus die treibenden Wirtschaftssektoren in Schottland.

Die Landverteilung in Schottland ist wohl höchst ungerecht: Laut einer auf Wikipedia zitierten Quelle von 2009 gehören 10 % Schottlands allein 18 Personen. Diese Ungleichheit geht wohl zurück auf das 16. Jahrhundert, als die Ländereien der Kirche unter den mächtigsten Adligen aufgeteilt wurden. Es gab Initiativen dies zu ändern aber wie weit diese gekommen sind, habe ich nicht weiter recherchiert.

Loch Lomond

Langsam werden die Straßen wieder reichlich voll. Ich nähere mich Loch Lomond. Dieser ist mit seinen 71 Quadratkilometern der flächenmäßig größte See der Insel Großbritannien. Zudem ist er ein beliebtes Reiseziel auch für die Briten und bietet bei gutem Wetter entsprechendes Urlaubsflair, dass mich jedes Mal ein wenig an Italien erinnert.

Devil's Pulpit

Nahe Glasgow hatte ich noch eine, wie ich finde, besondere Sehenswürdigkeit recherchiert: „Devil’s Pulpit“ also die „Teufelskanzel“.

Der Finnich Glen hat eine tiefe Schlucht mit steilen Wänden in die Landschaft gespült. Hier soll der Teufel zu seinen Jüngern gesprochen und Druiden wilde Rituale abgehalten haben. Mit seinem fast roten Wasser und den grünen Pflanzen überall ist dies in jedem Fall ein ganz besonders mystischer Ort.

Der Abstieg ist steil und mit Vorsicht zu genießen, aber der Anblick lohnt sich.

Glasgow

In Glasgow bin ich einigermaßen platt und schaue mir lediglich die St. Mungo’s Cathedral an, die in direkter Nachbarschaft zur Unterkunft liegt. Die Kathedrale wurde im 13. Jahrhundert erbaut und nach dem ersten Bischof von Glasgow benannt.

Neben einem kurzen Abendessen bleibt mir leider nicht viel mehr Zeit in Glasgow. Wirklich schade, die Stadt hätte noch mehr Dinge zu bieten, die mich interessieren. Die Zeichen sprechen dafür, dass ich mindestens noch einmal nach Schottland fahren sollte.

Um die Stadt und ihren Speckgürtel zu verlassen, schwinge ich mich zunächst kurz auf die Autobahn. Danach geht es auf mal mehr mal weniger beschaulichen Landstraßen langsam, aber sicher Richtung Südosten. Ich habe versucht mir einen Straßenmix herauszuarbeiten, die mich rechtzeitig an der Fähre ankommen aber nicht nur geradeaus fahren lassen.

Offroad

Dann führt mich meine Tourplanung noch auf den letzten Kilometern in Schottland auf eine kleine Offroad-Passage. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm macht aber schon Spaß, es war ja auch ein schönes Fleckchen und gutes Wetter. Allerdings mit Passagier und drei Koffern bin ich dann doch eher gemäßigt unterwegs. Zudem steht mein erstes Offroad-Fahrtraining erst nach meinem Schottlandtrip im Kalender.

Schottlands Grenze

Die schottisch-englische-Grenze passiere ich lediglich im Vorbeifahren und winke zum Abschied. Bald darauf geht es schon wieder zurück auf die Fähre. Da sehnt man sich eine Tour so lange herbei, recherchiert und plant. Dann geht es endlich los und einen Wimpernschlag später ist die Tour auch schon so gut wie vorbei.

Fähre und Abschied

Die Fähre ist wie schon auf der Hinfahrt mächtig gefüllt und die Motorräder parken dicht an dicht und man kann sich selbst kaum durch die Reihen zwängen. Mit Gepäck macht das richtig Spaß und auch das Abspannen des Motorrads ist nicht so einfach bei so wenig Raum.

Mensch und Technik ist nichts passiert, alle sind wohlbehalten wieder zurück auf der Fähre: Da fallen tatsächlich auch immer ein paar Sorgen von mir ab. Mit einem Bier und ein paar Chips schaue ich mir tiefenentspannt an, wie unsere Fähre den Hafen von Newcastle verlässt. Ich freue mich auf das reichhaltige Buffet samt ein, zwei weiterer Bier. Die Wetterprognose prophezeit eine ruhige Überfahrt. Was will man mehr?

Die Autobahnfahrt zurück nach Deutschland könnt ihr euch lebhaft auch ohne meine Beschreibung vorstellen, daher erspare ich euch das.

Ich freue mich, dass ihr mich auf YouTube, den anderen Social-Media-Kanälen oder hier begleitet habt.

Gebt mir gerne über YouTube oder via E-Mail Feedback und schaut gerne wieder rein. Macht es gut!

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Entlang der Küste – Stürmische See und sanfte Hügel https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-3/ Fri, 01 Sep 2023 15:26:30 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1015

Motorradtour Schottland (3/4)

Entlang der Küste - Stürmische See und sanfte Hügel

Entlang der rauen Westküste Schottlands folge ich in diesem Teil oft der Küstenstraße NC500 (North Coast 500). Dabei mache ich Station in Gairloch, fahre über die Halbinsel Applecross und überquere den Bealach-na-Bà-Pass. Dann bleibe ich für zwei Nächte in Dornie nahe eines von Schottlands beliebtesten Fotomotiven: Eilean Donan Castle.

Abschied von Bettyhill

Der Aufbruch in Bettyhill fällt schwer. Ob man einen Ort in seinem Leben noch einmal wiedersehen wird, dass weiß man nie wirklich. Ich habe nun schon zum zweiten Mal das Glück diesen Ort besuchen zu dürfen. Ich stehe extra morgens um 6 Uhr auf, um mir vor dem Frühstück den Aussichtspunkt auf die Farr Bay anzuschauen, der mich schon vor fünf Jahren so beeindruckt hat. Schau dir gerne das Video, um zu verstehen was mich hier beeindruckt hat.

Nach dem Frühstück fahre ich auf der NC500 südwärts und genieße den Blick auf die raue zerklüftete Landschaft der Westküste. Strahlender Sonnenschein, Schäfchenwolken und spiegelglatte Seen begleiten mich heute.

Schottlands Wildnis

Wer die teils menschenleeren Gegenden in Schottland sieht, könnte meinen, dies sei unberührte Natur. Leider könnte man kaum falscher liegen. „Caledonia“, die lateinische Bezeichnung der Römer für Schottland, heißt so viel wie Wald auf den Höhen. Das lässt schon erahnen, dass es hier einmal ganz anders ausgesehen hat. Schon seit der Steinzeit siedeln hier Menschen und die holzten im großen Maßstab die gigantischen Waldflächen ab, um Feuerholz zu gewinnen, Holzkohle zu produzieren, Eisen zu verarbeiten oder ganze Schiffsflotten zu bauen.

Die weiten Steppen, die mit Heide oder gelbem Stechginstern bewachsen sind, werden von den zahllosen Schafen und hohen Rotwildbeständen weitgehend von Bäumen freigehalten, da jeder aufkeimende Baum umgehend gefressen wird. Die hohe Dichte an kapitalen Hirschen ist zudem auch kein Zeichen für eine intakte Natur. Sie werden hier herangezüchtet für den äußerst lukrativen Jagdtourismus.

Dennoch gibt es auch starke Naturschutzbemühungen der Schotten in Nationalparks die verbliebenen Baum- und Wildtierbestände zu schützen und auszubauen. Die Artenvielfalt rund um Steinadler, Moorhuhn, Otter und Wildkatze und Co. soll so eine Zukunft ermöglicht werden. Auch um die Gewässer ist es vergleichsweise gut bestellt: Schottland zählt 200 Lachsflüsse, die zum größten Teil als unverschmutzt gelten.

llt Chranaidh Waterfall

Der auch als „Wailing Widow Falls“ bekannte Wasserfall ist nicht weit entfernt von der NC500 und kann nach einem kurzen Fußweg von unten oder oben betrachtet werden. Je nach Wetter kann der Weg aber eine kleine Rutschpartie werden. Trittsicherheit ist in jedem Fall empfehlenswert.

Der 30 Meter hohe Wasserfall verdankt seinen Beinamen einer Legende. Demnach stürzte ein Jäger bei nebligem Wetter hier in den Tod und seine Leiche wurde von seiner Frau hier entdeckt, eben der weinenden Witwe.

Motorradtour Schottland: Für Anfänger geeignet?

Das Motorradfahren hier empfinde ich übrigens meist als äußerst meditativ und ich kann Schottland auch Motorradanfängern als Reiseziel empfehlen. Die Straßen sind oft gut ausgebaut und der Straßenbelag ist meist sehr rau und auch bei Nässe entsprechend griffig.

Dazu kommt, dass man nicht andauernd auf sein Navigationssystem schauen muss. Gerade in den Highlands gibt es oft gar nicht so viele Abbiegemöglichkeiten, dass man aus Versehen mal eine verpassen könnte.

Die Single Track Roads, also die einspurigen Straßen sind oft ein Zeichen dafür, dass es Gott sei Dank nicht so viel Verkehr gibt. Ist doch Mal jemand vor oder auch hinter einem, der eine andere Reisegeschwindigkeit bevorzugt, nutzt man die „Passing Places“. Als Motorradfahrer wird man meist an so einem Ausweichpunkt von vor einem fahrenden Fahrzeug vorbei gewunken. Habe ich jemandem im Rückspiegel, der es eiliger hat, halte ich kurz an einem „Passing Place“ und winken ihn oder sie vorbei.

Kommen sich zwei Fahrzeuge entgegen, wartet der, der am nächsten an einem „Passing Place“ dran ist. Oft warten Autos, Lastwagen und Camper aber auch und signalisieren einem auf dem Motorrad, dass man weiterfahren kann und sie einen durchlassen.

Beim Thema Linksverkehr kann man schwer pauschalisieren. Ich komme mit dem Wechsel auf den Linksverkehr meist gut klar. Mit dem Motorrad nochmal deutlich besser als mit dem Auto.

Etwas schwieriger sind der Stadtverkehr und die vielen Kreisverkehre hier. Insgesamt fahren die Einheimischen zuvorkommend und verzeihen Ausländern auch mal ihre Unerfahrenheit und gewähren Vorfahrt, wo man keine hat.

Häufiger, als dass ich mich im Linksverkehr vertue, passiert mir das, wenn ich zurück in Deutschland bin. In einem unkonzentrierten Moment muss ich kurz am Kreisverkehr überlegen, wie rum ich nun hineinfahren muss.

In Gairloch liegt mein Hotel noch näher am Meer als schon in Bettyhill. Ich muss nur einmal die Straßenseite wechseln. Das Hotel ist deutlich darauf ausgelegt, die Urlauber in organisierten Busreisen abzufertigen, aber das tut der Qualität keinen Abbruch. Einfach an der Rezeption nach den Essenszeiten der Reisegruppen erkundigen und diese dann im hoteleigenen Restaurant vermeiden, und man hat Ruhe und Frieden.

Am nächsten Tag geht es für einen kurzen Stopp an die schottischen Victoria Falls, nicht zu verwechseln mit ihrem großen Vorbild in Afrika. Die Victoria Wasserfälle des Sambesi an der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia gehören zum Weltnaturerbe der UNESCO und dürften nochmal deutlich beeindruckender sein. Immerhin gibt es eine thematische Verbindung: Die Wasserfälle in Afrika wurden von einem Schotten für die Europäer entdeckt, dem Missionar und Afrikareisenden David Livingstone. Nach ihm benannt ist auch die Stadt, die auf der Seite von Sambia an den Wasserfällen liegt.

Applecross und der Bealach-na-Bà-Pass

Eines der Ziele, das die meisten Schottland-Reisenden auf der Liste haben, ist sicherlich die Halbinsel Applecross. Dort, wo der Fluss Applecross in die Applecross-Bucht mündet und wo die meisten Leute dann einfach an einer Häuserreihe an der Shore Street halten, fragt sich vielleicht mancher: Was ist denn nun Applecross und was das hier alles mit Äpfeln zu tun?

Nun, es ist kompliziert: Eigentlich wird eben die gesamte Halbinsel Applecross genannt. Der Name wird heute häufig für die kleine Siedlung direkt am Wasser benutzt. Der Name ist schon rund 1300 Jahre alt und leitet sich vom piktischen Namen“ Aporcrosan“ ab. Das bedeutet wohl so viel wie „Zusammenfluss des [Fluss] Crossan“. Er hat also nichts mit Äpfeln zu tun.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert war Applecross nur per Boot erreichbar. Später über die legändere Bealach-na-Bà-Passstraße, die damals zu einer der schwierigsten Straßen Schottlands zählte. Über den Pass fahre ich auch, aber ich komme zuerst von Norden von der Küstenstraße über Torridon. 

Die Häuserreihe an der Küste selbst ist einigermaßen unspektakulär, aber wegen ihrer berühmten Lage ist die Gastronomie gut besucht. Auch ich kann nicht anders und stelle mich an für einen Kaffee und einen klebrig süßen Brownie.

Anschließend verlasse ich die Applecross Halbinsel über die berühmt berüchtigte Bealach-na-Bà-Passstraße. Bealach-na-Bà heißt dabei so viel wie Viehpass und steigt auf 626 Meter an. Sowohl was die Höhe anbelangt als auch die Anzahl der Serpentinen, kann es der Pass lange nicht mit den Alpenpässen aufnehmen. Trotzdem sind die baumlose Landschaft und die Aussicht einen Blick wert.

Eilean Donan Castle

Der Tourtag und dieser dritte Reisebericht enden für mich am Eilean Donan Castle beziehungsweise im nahegelegenen Dornie, wo ich zwei Nächste bleiben werde.

Eilean Donan Castle ist sicher eines der meistfotografierten Schlösser in Schottland und ganz Großbritannien. Strategisch günstig liegt es an drei Seen auf einem Felsen, der eigentlich nur bei Ebbe erreichbar war. Heute kommt man auch bei Flut über eine steinerne Brücke trockenen Fußes zum Schloss. Ich genehmige mir hier eine Besichtigung, einen Cappucino und ein Stück saftigen Karottenkuchen im Visitor Center, bevor ich meine Unterkunft beziehe.

Nachdem das Schloss selbst für Besucher geschlossen hat, komme ich noch einmal her, um den Anblick in Ruhe zu genießen. Nach den offiziellen Öffnungszeiten kommt man nämlich nicht mehr in das Schloss, aber sehr wohl auf die kleine Insel, auf der das Schloss steht und das ist wirklich empfehlenswert. Nur sehr wenige Menschen sind dann hier und man kann diesen schönen Platz richtig genießen. Es sei denn, es ist windstill. Dann teilt man sich diese Kulisse mit Milliarden von Midges. Diese kaum zwei Millimeter großen Mücken beißen einen zur Verzweiflung, also unbedingt Insektenschutz der Wahl auch mit ins Schottland-Reisegepäck!

Eilean Donan Castle ist der Sitz des Clan McCrae. Die Ursprünge der Burg stehen hier schon seit über 800 Jahren. So wie sie heute dort steht, wurde sie erst im 20. Jahrhundert wieder hergestellt von den McCrae’s. Die Burg ist wahrscheinlich dem ein oder anderen von euch bekannt aus dem Film „Highlander“ oder auch aus James-Bond „Die Welt ist nicht genug“ mit Pierce Brosnan als James Bond.

Im nächsten und letzten Teil meines Reiseberichtes geht dann auf die Insel Skye und langsam aber sicher heimwärts. Bevor ich auf die Fähre rolle, mache ich noch Station in Oban und Glasgow: Schaut also gerne wieder vorbei!

Lust auf mehr?

Hier geht es zum vierten und letzten Teil zu meiner Motorradtour durch Schottland. Schon jetzt genug von Schottland? Wie wäre es dann mit einem Ausflug ins Weserbergland? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Auf den Spuren der Weserrenaissance (1. Teil)

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Der Ruf der Highlands – Wildnis, Whisky und ein Schloss https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-2/ Fri, 25 Aug 2023 15:22:42 +0000 https://ride4awhile.com/?p=979

Motorradtour Schottland (2/4)

Der Ruf der Highlands - Wildnis, Whisky und ein Schloss

Die Speyside und Highlands sind Schauplätze im zweiten Teil des Reiseberichtes von meiner Motorradtour durch Schottland. Durch die wichtigste Region der weltweiten Whiskyproduktion und vorbei am Loch Ness geht es bis nach Inverness und dann in einem zweiten Schlag einmal quer durch die Highlands bis an den nördlichsten Punkt meiner Schottlandreise.

Schottlands raue Vergangenheit

Die raue und wilde Landschaft Schottlands ist schon fast sprichwörtlich. Und rau war das Land wohl schon immer. So sicherten die Römer sich mit dem Hadrianswall gegen sie Stämme im Norden ab, während sie England besetzten.

Etwa ab dem siebten Jahrhundert formte sich so etwas wie eine schottische Nation aus den vielen Stämmen in dieser Region. Immerzu gab es Auseinandersetzungen mit den Engländern im Süden.

Aber auch in Schottland selbst gab es immer wieder Konflikte. Beispielsweise durch Unstimmigkeiten der Adligen oder durch Missstimmungen zwischen den Bewohnern der Highlands und dem schottischen Hochadel weiter südlich. So starb in der schottischen Königslinie der Stuarts nahezu zwei Jahrhunderte kein Thronfolger eines natürlichen Todes.

Maria Stuart dürfte die bekannteste schottische Adlige überhaupt sein. Sie wurde bereits wenige Wochen nach ihrer Geburt die Königin Schottlands. Um sie zu schützen, brachte man sie nach Frankreich, dem Erzrivalen der Engländer. Hier wurde sie durch Heirat kurzzeitig auch Königin Frankreichs, musste aber nach dem frühen Tod ihres Mannes wieder nach Schottland. Die Franzosen hatten Maria Erbansprüche an den englischen Thron attestiert. Englands Königin Elizabeth I gefiel das naturgemäß nicht und obwohl sich die beiden Frauen nie persönlichen trafen, verband sie wohl nur die Feindschaft zueinander. 19 Jahre ihres Lebens verbachte Maria schließlich in Gefangenschaft von Elizabeth I und wurde letztlich hingerichtet. Bis heute wird Maria Stuart in Schottland noch von vielen Menschen geehrt. Im Jahr 1707, rund 150 Jahre nach Maria Stuarts Hinrichtung, ging die schottische Krone dann endgültig im englischen Königshaus auf.

Ein winziger Ausschnitt aus der schottischen Geschichte, aber auch das interessiert mich an den Regionen, die ich mit dem Motorrad bereise.

Diese Region kennt jeder Whiskey-Freund

Die weißen, mal mit dunkler Färbung bedachten Schäfchenwolken wandern gemächlich über den Himmel. Ich surfe über die noch zweispurigen Straßen, die sich sanft an die Hügel schmiegen.

In der Speyside, also der Region am Fluss Spey, sind so viele große Single Malt Namen vertreten, dass man das Motorrad hier fast von Destille zu Destille schieben könnte. Das sollte man denn auch, wenn man wirklich mehr als eine anschauen möchte. Um die 50 Whisky-Destillerien gibt es hier: Glenlivet, Macallen, Tomatin, Glenfiddich u. v. m.; solche Namen sind hier an nahezu jeder Kreuzung ausgeschildert: Das Mekka von Whisky-Fans weltweit.

Ich steuere die Glenfiddich Destillerie an, da es hier zumindest 2018 noch ein kleines Besucher Café gab und es die richtige Zeit für eine Pause war. Zwar gibt es noch den Shop aber das Café wurde wegrationalisiert. Für Geschäftspartner brauche man mehr Besprechungsräume und so musste das Café leider weichen. Der Shop-Mitarbeiter, der mich ansprach („What motorcycle do you ride?“), lieferte nicht nur die Erklärung, sondern auch gleich eine Lösung: In Dufftown gäbe es dieses „lovely little Café“. Er rief sogar dort an, um sicher zu gehen, dass noch ein Tisch für uns frei ist.

Ich hätte auch Pech haben und hier auf eine Touristenfalle hereinfallen können aber das Glassworks in Dufftown fällt absolut nicht in diese Kategorie. Ich werde schon erwartet und einer der wenigen kleinen Tische ist schon reserviert. Wir sind hier eindeutig unter Einheimischen und werden begrüßt und aufgenommen, als gehörten wir zur Dorfgemeinschaft. Ein Café, in dem man auch Bilder und Handarbeiten von Künstlern aus der Region erwerben kann.

Loch Ness und die Jagd nach ihr wisst schon wem

Auf der kleinen B9102 auf der nördlichen Seite des Spey, oft nah am Fluss entlang, geht es westwärts. Ich fahre dann auf kleinen Single Track Roads an das Südostufer von Loch Ness. Der bekannteste See Groß Britanniens ist lediglich 1,5 km breit aber 37 km lang. Die tiefste Stelle, in der sich Nessi hier verstecken könnte, sind es 230 m. Im Loch Ness ist damit mehr Wasser als in allen Seen von England und Wales zusammen. Besser ausgebaut ist die zweispurige A82 am Nordwestufer des Sees. Hier gäbe es auch die Ruinen des Urquhart Castle zu besichtigen. Den Weg kenne ich aber schon und kleine Straßen haben eben auch ihren Reiz.

Längs des Loch Ness über verschiedene Kanäle und zwei weitere Seen ist es übrigens möglich mit dem Schiff einmal diagonal durch Schottland durchzufahren. Dieser so genannte Great Glen verbindet den Atlantik mit der Nordsee. Die als Caledonian Canal bekannte Wasserstraße ist dabei nur 97 Kilometer lang.

Auf einen Spaziergang in Inverness

In Inverness, der Hauptstadt der Highlands, gibt es noch einen kleinen Rundgang durch die Stadt. Zuerst geht es dabei in die neugotische Inverness Cathedral aus dem Jahr 1869. Gerade als wir dort sind, probt ein Kinderchor, was der riesigen Kirche eine ganz besondere Stimmung gibt. Weiter ging es durch die Fußgängerzone und die Überdachte Einkaufspassage The Victorian Market aus dem 19. Jahrhundert. Hier gibt es kleine Souvenirgeschäfte, Cafés und Restaurants. Zurück auf die andere Seite des Ness ging es über die Fußgängerbrücke Greig Street Bridge. Im Jahr 1886 gebaut, schwingt sie bei jedem Schritt mit und verlangt einem einen kleinen Vertrauensvorschuss in die Konstruktion ab.

Bevor es am nächsten Tag quer durch die nördlichen Highlands geht, mache ich einen Stopp am Dunrobin Castle. Das heutige Äußere des Schlosses ist im französischen Stil gehalten und stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ebenso entstanden die Gartenanlagen zu dieser Zeit. Sie sind denen von Schloss Versailles nachempfunden. Der Garten wurde vom Architekten Sir Charles Barry gestaltet. Aus seiner Feder stammt auch der Palace of Westminster mit seinem markanten Glockenturm, also das Parlamentsgebäude in London.

Die einsame Seite der Highlands

Wenig später bin ich dann endlich da: Auf den einsamem Single Track Roads der nördlichen Highlands. Der Blick kann in die Ferne schweifen und wird nicht schon nach wenigen Metern schon wieder eingefangen. Ich weiß schon: Innerer Frieden heißt so, weil er idealerweise in einem selbst liegt bzw. hier seinen Ursprung hat. Aber wie auch immer man es nennen möchte, die Highlands machen etwas mit einem.

Am Loch Naver auf der B873 stelle ich das Motorrad einfach am Straßenrand der Single Track Road ab und mache eine Pause an diesem ruhigen See mitten im Nirgendwo.

Die Single Track Roads hier oben haben so ihre Tücken: Zum Beispiel zahllose Schafe und Lämmchen, die oft gefährlich nah an oder auf der Straße stehen. Das kann einem aber auch mit schottischen Hochlandrindern oder Rothirschen passieren.

Man sollte in jedem Fall aufmerksam sein, wenn man ein „Cattle Grid“ also ein Weidegitter überfährt. Dann muss man jederzeit mit Nutztieren auf der Straße rechnen.

Wie sind die Straßen in Schottland?

In Schottland, wie auch im restlichen Groß Britannien gibt es meist drei Straßenkategorien: M sind Motorways, vergleichbar mit den Autobahnen in Deutschland. Straßen, die mit A gekennzeichnet werden, sind überregionale und gut ausgebaute Hauptverkehrsachsen. Straßen der Kategorie B sind eher kleinere regionale Verbindungsstraßen.

Bei der Planung habe ich versucht möglichst oft Straßen der Kategorie B zu wählen. Diese sind eben oft klein, recht einsam und mäandern wundervoll durch die Landschaft. Schlaglöcher, Schmutz auf der Fahrbahn und nicht immer geschlossene Asphaltdecke, muss man dabei allerdings in Kauf nehmen. Ich mag solche Gegenden sehr und meine Triumph Tiger 800 XC und ich kommen damit gut zurecht. Ich kann mir vorstellen, dass es mit anderen Motorradtypen anstrengender ist auf solchen Straßen.

Endlich ein Wiedersehen mit Bettyhill

Als ich dann an der Küste ankomme, folge ich der A836, die hier zur Themenstraße NC500 gehört, nach Westen. Ich übernachte in meinem Sehnsuchtsort Bettyhill. Gerade als ich meinen Tank an einer der beiden Zapfsäulen im Ort gefüllt habe, setzt Regen ein. Bis zu meinem Hotel sind es aber keine 200 m mehr.

Lust auf mehr?

Wieso Bettyhill ein Sehnsuchtsort für mich ist?
Da ist zum einen der Charm dieses kleinen exponierten Ortes mit einem epischen Blick auf den meist menschenleeren, riesigen Torrisdale Beach. Zudem ein versteckter Aussichtspunkt (der sich langsam rumzusprechen scheint) von dem aus man in die wilde und ursprüngliche Farr Bay schauen und den tosenden Gezeiten zuschauen kann. Schaut euch gerne die Tourvideos an: Die Bilder zeigen hoffentlich besser, was ich nur schwer erklären kann. Schon bei meinem ersten Besuch hier 2018 ist es um mich geschehen.

Hier findest du den zweiten von vier Teilen zu meiner Schottlandreise. Wie wäre es alternativ mit einem Ausflug in die Holsteinische Schweiz? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz

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Scotland is calling – Der Charme Edinburghs und die ersten Kilometer https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-1/ https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-1/#comments Fri, 18 Aug 2023 17:05:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=906

Motorradtour Schottland (1/4)

Scotland is calling - Der Charme Edinburghs und die ersten Kilometer

Endlich ist es so weit, meine lang ersehnte Motorradreise nach Schottland beginnt. In diesem ersten von vier Reiseberichten möchte ich von meiner Anreise mit der Fähre von Amsterdam nach Newcastle und den ersten Kilometern auf britischem Boden berichten. Außerdem erkunde ich zu Fuß die schottische Hauptstadt Edinburgh, tauche dann ein in das Abenteuer des Tourenfahrens und erkunde die ländlichen Regionen, bis zu meiner urigen Unterkunft in Ballater.

Mein Motorradabenteuer Schottland beginnt

Für die Anreise habe ich mich entschieden, die Fähre von IJmuiden bei Amsterdam nach Newcastle upon Tyne in England zu nehmen. Entspannt spule ich etwa 400 Kilometer Autobahn bis zum Fähranleger ab und träume schon von den kleinen und menschenleeren Straßen der Highlands.

Ich habe zwölf Tage für meine Motorradtour in Schottland eingeplant, inklusive der An- und Abreise mit der DFDS-Fähre von Amsterdam nach Newcastle. In Großbritannien werde ich dabei etwa 2.400 Kilometer zurücklegen. Den Großteil davon selbstverständlich in Schottland aber da Newcastle selbst in England liegt, lege ich eben auch einige Kilometer in England zurück.

Nach etwa 17 Stunden Überfahrt spuckt mich die Fähre wieder aus und ich darf die Einreiseprozedur am Zoll genießen –Brexit sei Dank. Die Zollbeamten sind zwar sehr nett und tiefergehend kontrolliert werden die Motorräder auch nicht aber da lediglich zwei Zollbeamte alle Fahrzeuge abfertigen dauert es halt eine ganze Weile. Immerhin regnet es nicht. Da man in einer langen Schlange im Freien wartet, wäre die Stimmung sicherlich sonst schnell im Keller und der Reisepass zu Pappmaché verquollen.

Die schwierigste Umstellung, wenn man Linksverkehr fahren soll? Für mich klar der Kreis- oder Stadtverkehr. Da trifft es sich gut, dass man hinter der Zollschranke erstmal sechs (!) Kreisverkehre passieren darf, bis man auf der Schnellstraße stadtauswärts fahren kann.

Bamburgh Castle

Damit mir die knappen 200 Kilometer nach Edinburgh nicht zu lang werden, schwinge ich mich zwischendurch über einige heckenumsäumte Landsträßchen nach Bamburgh Castle. Wer von euch die Netflix Serie „The last Kingdom“ kennt, wird diese Burg hier vielleicht unter dem Namen „Bebbanburg“ kennen. Das ist die Burg, die dort Uhtred von Bebbanburg gehört und die er versucht in der Serie zurückzuerobern.

Das Schloss hat auch in der Realität eine gewaltvolle Geschichte und war nahezu dauerhaft Kriegsschauplatz und Befestigungsanlage: Engländer, Wikinger und Schotten vergossen an diesem heute so beschaulichen Ort in vergangenen Jahrhunderten viel Blut. Die imposant an der Küste gelegene Anlage wurde erstmals im Jahr 547 erwähnt.

Wenig später rolle ich wieder auf der Schnellstraße über die schottische Grenze und bilde mir ein, dass die Landschaft abseits der Straße direkt etwas dramatischer und mystischer geworden ist.

Ankommen in Edinburgh

Nachdem in Edinburgh die Unterkunft bezogen ist, geht es noch in die kleine Stadt, die über der Stadt thront: Edinburgh Castle. Ich habe für den vorletzten Eintrittszeitslot Karten im Internet vorgebucht. Der Touristenmagnet ist daher schon schön leer. Die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Schottlands beheimatet unter anderem die schottischen Kronjuwelen, das National War Museum und den „Stone of Destiny“. Ein Besuch ist Pflicht wobei für mich die Lage und der Ausblick noch am beeindruckendsten an der Anlage sind.

Der Gastgeber an der Unterkunft, dem Ashgrove House, ist sehr um die Sicherheit unseres Motorrads besorgt, das auf dem Parkplatz vor dem Bed and Breakfast abgestellt ist. Für Motorräder hat er extra Metallanker in den Wänden verankert, an denen wir mit eigens dafür bereitgestellten Kettenschlössern die Motorräder zusätzlich anschließen sollten. Gerade die schottische Hauptstadt wird oft beschuldigt, dass hier gerne Motorräder gestohlen werden -besonders mit ausländischen Kennzeichen.

Dank weiser Voraussicht sind zwei Nächte gebucht und so ist noch ein ganzer Tag, um sich mehr aber bei weitem nicht alles von der Stadt anzuschauen. Einen großen Rundweg habe ich geplant und starte vor Edinburgh Castle. Statt in das Schloss schlenderte ich die Royal Mile abwärts mied sämtlichen Läden, die vermeintlich schottische Klassiker made in china feilboten. Die Royal Mile besteht eigentlich aus mehreren Straßen, die aber wie eine Straße wirkt. Wer vor dem Edinburgh Castle steht und immer bergab spaziert, bis er vor dem nächsten Schloss (Holyrood Palace) steht, ist goldrichtig. Im Zweifel ist es die Straße, auf der sich die meisten Touristen drängen. Wer das ausblenden kann und mag, kann sich an den zahlreichen gut erhalten historischen Bauwerken erfreuen. Im wahrsten Sinne herausragend ist sicher die St Giles’ Cathedral, die Hauptkirche der Church of Scotland. Das heutige vornehmlich gotische Gebäude entstand nach einem Brand 1385. Seit 1120 dürfte hier eine in ihrer Bedeutung vergleichbare Kathedrale gestanden haben.

Von der Royal Mile aus führen immer wieder kleinere Gassen, sogenannte Closes, ab. Es lohnt sich, hier und da einen Blick hineinzuwerfen, da sich liebevoll gestaltete Kleinode der Stille verbergen, wie zum Beispiel im Dunbar’s Close.

Am unteren Ende Edinburghs Zentralachse werfe ich einen Blick in das 2004 eröffnete schottische Parlament. Das kombiniere ich gleich mit einem Kaffee und einem großen Stück Karottenkuchen im Café im Inneren. Das moderne Gebäudeensemble sieht aus der Vogelperspektive nochmal deutlich spannender aus, als wenn man lediglich davorsteht. Der Architekt Enric Miralles verstarb leider schon im Jahr 2000 und konnte die Fertigstellung und Eröffnung nicht mehr miterleben.

Um mir die ganze Stadt fast aus der Vogelperspektive anschauen zu können, erklimme ich im Holyrood Park den Aussichtspunkt Arthur’s Seat. Der steile und schweißtreibende Aufstieg lohnt sich. Für ein besseres Panorama über die Stadt müsste man ein Fluggerät besteigen. Bis auf spärliche Gräser scheint die Vegetation hier nur aus Stechginster zu bestehen, der gerade jetzt in voller Blüte steht und halben Park in ein gelbes Blütenmeer verwandelt. Die Pflanze und ihr frühlingshafter Gelbton begleiten mich auf der gesamten Tour durch Schottland.

Nach dem Abstieg geht es noch schnellen Schrittes zum National Museum of Scotland, denn dieses schließt bald. Die kostenlose Ausstellung ist riesig und bietet eine Bandbreite, dass für jeden etwas dabei sein wird. Das Skelet eines Tyrannosaurus Rex nebst diverser weiterer lebensgroßer Tierplastiken, das ausgestopfte Klon-Schaf Dolly, eine Raumfahrtausstellung, das alte Ägypten, eine Ausstellung zur Mode im Verlauf der letzten Jahrzehnte, natürlich eine Ausstellung zur Geschichte Schottlands und vieles mehr. Ich hetze leider in einer Stunde etwas ziellos durch die Ausstellung aber hier könnte und sollte man spielend mehrere Stunden zubringen können.

Nah am Museum mache ich noch Greyfriars Bobby meine Aufwartung. Die Geschichte um Greyfriars Bobby ist zu rührend um komplett wahr zu sein: Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts hatte der Polizist John Gray einen Skye Terrier namens Bobby. Nach dem Tod des Polizisten und seiner Beisetzung auf dem Friedhof der Greyfriars Kirche, wachte der Hund bis zu seinem eigenen Tod am Grab seines Herrchens. Er unterbrach seine Wacht lediglich für die Mahlzeiten, die ihm die nahegelegene Gaststätte bereitete. Nach seinem Ableben wurde er heimlich bei seinem Herrchen beigesetzt.

Ab aufs Land

Weiter geht es auf dem Motorrad. Nächster Stopp ist das 67 Meter hohe Wallace Monument, welches seit 1869 auf einer Anhöhe bei Stirling thront. Es wurde errichtet im Gedenken an den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Der wurde beispielsweise in dem Film Braveheart von Mel Gibson verkörpert, der die Besucherzahlen des Museums hier verdreifacht haben soll.

Hinter Stirling schrumpfen Fahrbahnbreite und Kurvenfrequenz auf der geplanten Route. Eine sonnendichte Wolkendecke hat sich am Himmel verankert, aber will glücklicherweise ihre Regenfracht nicht mit mir teilen.

Die malerische Edradour Destillerie habe ich als POI fest eingeplant. Anders als bei meinem letzten Besuch im Jahr 2018 ist sie leider nicht mehr für Besucher geöffnet und man kann sie nur noch vom Werkstor aus bewundern. Mit den weiß verputzten Wänden, den roten Türen und Fensterläden und dem namensgebenden Edradour Burn, der zaghaft durch das Gelände rieselt, dürfte sie Destille dennoch zu den hübschesten in Schottland zählen.

Wenig später rückte ich mich selbst gerade für ein Foto in Pose auf einer dieser urigen alten Steinbrücken, als einige Meter weiter ein Auto hielt. Ich dachte schon, ich würde hier einem Farmer die Zufahrt zu seiner Weide o. ä. blockieren und stellte mich innerlich darauf ein, mich zu entschuldigen und die Brücke zu räumen. „Ah, ich hätte wetten können, dass ihr aus Deutschland seid!“ begrüßte mich der bestimmt 70-jährige Herr in gutem Deutsch mit kantigem aber warmen schottischen Akzent. Als junger Mann, sei er in Deutschland stationiert gewesen, er habe Freude bei Nienburg, war früher öfter dort und spreche daher etwas deutsch (eine Untertreibung). Wir schnacken einige Minuten. Als er fährt, hinterlässt er mich einmal mehr begeistert von der schottischen Offenheit und Freundlichkeit.

Weiter geht es auf einer echte Panaromastraße, der A93, durch den Cairngorm National Park und über den gleichnamigen 670 Meter hohen Pass. Klingt von der Höhe wenig spektakulär, aber tatsächlich steht auf der Passhöhe sogar ein Skilift. Ich mache einen Stopp am Aussichtspunkt Devil’s Elbow und genieße den weiten, menschenleeren Ausblick. Lediglich eine kleine Hirschherde zieht in einiger Entfernung durch die baumlose Steppe, die schon einen Vorgeschmack gibt auf die Highlands.

Der Aussichtspunkt Devil’s Elbow geht zurück auf frühere Zeiten. Bevor die Straße in den 1960er Jahren umfassend ausgebaut wurde, gab es hier Haarnadelkurven mit bis zu 17 % Steigung. Die Haarnadelkurven sind leider verschwunden, die kreative Namensschöpfung ist geblieben.

Balmoral Castle

Von Braemar geht es immer entlang am Fluss Dee. Auf der Strecke liegt somit auch Balmoral Castle, einer der offiziellen Sitze der britischen Königsfamilie. Da das Schloss der weitläufigen Königsfamilie vorbehalten ist, kann man hier nur den legendären Ballsaal besichtigen. In diesem Schloss verbrachte Königin Elisabeth II oft und mutmaßlich sehr gerne Ihre Sommerurlaube. Auf diesem Schloss verstarb sie auch am Nachmittag den 8. September 2022.

Die weitläufigen Außenanlagen können besichtigt werden und man kann sich gut vorstellen, wie schon unzählige Mitglieder der Königsfamilie hier am Fluss mit der Fliegenrute den Lachsen oder Forellen nachstellten.

Mein Tag endet im kleinen Örtchen Ballater. Dieser glänzt mit viktorianischer Architektur und ist eng verbunden mit den Royals, deren Schloss gleich um die Ecke liegt. Im ehemaligen Bahnhof kam ihrerzeit Queen Victoria an, wenn sie zu ihrem nur 14 Kilometer entfernten Schloss wollte. Ich nächtige hier ähnlich spektakulär in einer ehemaligen Kirche, die liebevoll mit einem Auge fürs Detail zu einem Bed & Breakfast umgebaut wurde (The Auld Kirk).

Lust auf mehr?

Hier findest du den zweiten Reisebericht meiner Schottlandreise. Oder wie wäre es stattdessen mit einem Ausflug in den Harz? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Harzreise erster Teil.

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