ride4awhile https://ride4awhile.com Mon, 13 Jan 2025 19:12:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 https://ride4awhile.com/wp-content/uploads/2023/03/cropped-Logo-rund-32x32.png ride4awhile https://ride4awhile.com 32 32 Sandbaden zur Heideblüte https://ride4awhile.com/motorradtour-in-die-heide/ Sat, 01 Feb 2025 16:00:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1480

Motorradtour in die Heide

Sandbaden zur Heideblüte

Etwas südlich von Hamburg beginnt eine Landschaft, die Naturliebhaber und Offroad-Begeisterte aus ganz Deutschland anlockt: Die Lüneburger Heide und der Naturpark Südheide. Passend zur Heideblüte habe ich der Region einen Besuch abgestattet und auf einer rund 340 Kilometern langen Rundtour geschaut, ob sich auch eine Motorradtour hier lohnt. Meist auf normalen Straßen, aber auch ein wenig Offroad habe ich eine leuchtend violett blühende Kulturlandschaft erfahren. Zu Fuß bin ich dann noch tiefer eingetaucht auf einer Wanderung in die Lüneburger Heide und die Salzstadt Lüneburg.

Frühstart zur Heideblüte: Anfahrt zum Wilseder Berg

Früh morgens ging es los. Um die Lüneburger Heide in der besten Lichtstimmung zu erleben und den hohen Tagestemperaturen etwas zu entgehen, startete ich früh und wurde mit goldenen Morgensonnenstrahlen belohnt. Neben den weitläufigen Heideflächen erstrecken sich hier auch dichte Wälder – Überbleibsel der großen Aufforstungen im 19. Jahrhundert.

Die Heide hat eine lange Geschichte: Was heute ein Rückzugsort für Naturliebhaber ist, war einst eine karge, vom Menschen geformte Landschaft. Bereits um 500 vor Christus begannen Menschen, die ursprünglichen Eichen- und Birkenwälder für den Bau und die Landwirtschaft zu roden. Das Ergebnis? Eine einmalige Kulturlandschaft, die jedoch heute streng geschützt und gepflegt werden muss.

Wanderung zum Wilseder Berg

Neben dem 223 km langen Heidschnuckenweg gibt es inzwischen auch zwölf Rundwanderwege, sogenannte Heideschleifen. Auf der Heideschleife Wilseder Berg erwandere ich mir auf rund 15 Kilometern das Herz der Lüneburger Heide.

Der Wilseder Berg ist mit seinen 169 Metern die höchste Erhebung der Lüneburger Heide und ein beliebtes Ausflugsziel. Während der Heideblüte (zwischen Anfang August und Anfang September) ist es hier recht voll – aber die Aussicht auf das lila Blütenmeer macht das absolut wett.

Von dort führte mich der Wanderweg weiter in den autofreien Ort Wilsede, wo ich eine wohlverdiente Stärkung einlegte: Typisch für die Region sind Spezialitäten mit Heidschnucke – ein absolutes Muss (es sei denn, man isst kein Fleisch)! Wilsede hat mit seinen alten Reetdachhäusern einen ganz besonderen Charme, und man erreicht den Ort nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Pferdekutsche.

Ein weiteres Kleinod der Tour war der Totengrund, ein sagenumwobener Talkessel, der heute eines der schönsten Heidepanoramen bietet. Fotografen schätzen diesen Ort vor allem zu den magischen Stunden rund um Sonnenauf- und Untergang – und das völlig zu Recht.

Von der Heide in die Hansezeit: Lüneburg entdecken

Nach meiner Wanderung führte mich die Route weiter Richtung Lüneburg. Die historische Hansestadt ist nicht nur für Motorradfahrer ein tolles Ziel, sondern auch für Kulturfans: Lüneburg verdankt seinen einstigen Reichtum der Salzproduktion, die im Mittelalter als „weißes Gold“ galt. Besonders beeindruckend ist der mittelalterliche Marktplatz mit dem Luna-Brunnen – hier trifft Geschichte auf lebendige Gegenwart mit Cafés und Boutiquen.

Die Altstadt ist ein wahres Backstein-Juwel: Über 1300 denkmalgeschützte Gebäude prägen das Stadtbild, und während meines Spaziergangs durch die schmalen Gassen fühlte ich mich fast ins Mittelalter zurückversetzt.

Die mittelalterlichen Giebelhäuser, die sich am Stintmarkt und Fischmarkt an die Ilmenau pressen, haben mir am besten gefallen. Wer in Lüneburg das leibliche Wohl bedienen möchte, ist hier sicher am schönsten Fleckchen in der Stadt hierfür.

Offroad durch die Heide

Zurück auf dem Motorrad wurde der Weg durch die Heide abwechslungsreicher: Während der erste Teil meiner Route über asphaltierte Landstraßen führte, wurde es später „wilder“. Abseits der Hauptstraßen warteten Sandwege und verdichtete Mineralpfade – ideal für alle, die sich auch Offroad ausprobieren möchten. Meist sandig und von Wäldern beschattet, konnte ich mich an teerfreien Untergrund herantasten.

Ein besonderes Highlight für mich war die Durchfahrt der kleinen Lachte – eine willkommene Abkühlung an einem heißen Tag mit 30 Grad Celsius. Nach einem kurzen Halt an einem Aussichtsturm ging es weiter über unbefestigte Wege.

Kleine Entdeckungen am Wegesrand

Unterwegs entdeckte ich auch Buchweizenfelder, ein traditionelles Anbauprodukt der Region. Buchweizen wird heute wieder beliebter, vor allem wegen seiner glutenfreien Eigenschaften und seiner Vielseitigkeit in der Küche – in den Cafés der Region gibt es oft leckeren Buchweizen-Kuchen.

Wer mit Familie unterwegs ist, kann die Motorradtour auch mit einem Besuch im Vogelpark Walsrode oder im Heide Park Soltau verbinden. Alternativ lohnt sich ein Abstecher nach Celle mit seinen hübschen Fachwerkhäusern oder ins Erdölmuseum Wietze.

Fazit: Tour mit Potenzial zur Wiederholung

Meine Tour durch die Lüneburger Heide war ein Mix aus Entspannung und Abenteuer. Vor allem die Offroad-Passagen haben Lust auf mehr gemacht. Bei einem nächsten Besuch, würde ich eindeutig hierauf den Fokus legen. Falls du Tipps hast, wie ich Offroad-Routen noch komfortabler planen kann oder welche Strecken ich unbedingt ausprobieren sollte, freue ich mich über deine Nachricht!

Lust auf mehr?

Wie wäre es dann mit einer Suche nach den schönsten Altstädten im Harz oder zur Rapsblüte in den Norden?

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Eine Motorradtour durch Geschichte und Fachwerkromantik https://ride4awhile.com/die-schoensten-altstaedte-im-harz/ https://ride4awhile.com/die-schoensten-altstaedte-im-harz/#comments Sun, 06 Oct 2024 17:00:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1453

Die fünf schönsten Altstädte im Harz

Eine Motorradtour durch Geschichte und Fachwerkromantik

Die Strecken und Straßen stehen zumeist im Mittelpunkt einer Motorradtour, aber diese ziehen eben schnell an uns vorbei und Einzelheiten bleiben uns nicht besonders lange im Gedächtnis. Anders ist das, wenn wir besonders schöne Stopps auf unserer Reise haben. Ganz oben rangieren dabei besonders schöne Altstädte bei mir. Ich habe mich auf den Weg gemacht und wollte die schönsten Altstädte im Harz finden und hier findet ihr mein Ergebnis.

Es ist ein noch frischer Morgen Ende April, aber, die Sonne bringt das junge Grün der Pflanzen schon perfekt zur Geltung. Ein strahlend blauer Himmel betupft mit ein paar Schäfchenwolken begleitet mich durch den Tag. Ein idealer Weckruf für eine besondere Tour: Fünf der schönsten Altstädte im Harz warten darauf, entdeckt zu werden. Bei diesem Roadtrip geht es nicht nur um kurvige Straßen und spektakuläre Aussichten, sondern auch um Geschichte, Architektur und Atmosphäre. Der Harz bietet all das im Überfluss – und was wäre eine Motorradtour ohne ein paar charmante Stopps in den verwinkelten Gassen mittelalterlicher Städte?

Goslar – Der perfekte Startpunkt

Meine Reise beginnt in Goslar, und schon der erste Eindruck versetzt einen in eine andere Zeit. Die Stadt hat mehr als 1.000 Jahre Geschichte auf dem Buckel, und das merkt man auf Schritt und Tritt. Mein erster Stopp ist die imposante Kaiserpfalz, ein mächtiger Bau aus dem 11. Jahrhundert, der nicht nur architektonisch beeindruckt, sondern auch einen tiefen Einblick in die deutsche Geschichte bietet. Gemeinsam mit der Altstadt und dem Bergwerk Rammelsberg gehört die Kaiserpfalz zum UNESCO-Welterbe – und das völlig zu Recht.

Die Altstadt von Goslar ist ein wahres Fachwerkparadies. Mehr als 1.500 liebevoll restaurierte Häuser, die teils bedrohlich schief wirken, prägen das Stadtbild. Ich schlendere durch die engen Gassen, die mich in eine andere Epoche katapultieren, und halte am Marktplatz für einen Kaffee. Die Gebäude hier haben Geschichten zu erzählen, von einer Zeit, als der Harz mit seinem Bergbau blühte.

Die Bewertung

Jede der Altstädte im Harz und so auch die fünf in diesem Video haben ihre Stärken und jede ist mindestens einen Besuch wert. Zu einem Ranking gehört es aber nun Mal, dass ich die Städte in eine Reihenfolge bringe. Ein Ranking der schönsten Altstädte ist in jedem Fall subjektiv, aber um für euch meine Wahl transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten, habe ich mir folgende Bewertungssystematik überlegt:

Jede Altstadt werde ich anhand von drei Kriterien bewerten. Erstes Kriterium sind die Gebäudesubstanz und Architektur der Altstadt. Das zweite ist die Vielfalt und Qualität des gastronomischen Angebots dort. Als drittes und besonders unscharfes Kriterium möchte ich die Atmosphäre in den Altstädten bewerten. Diese ist besonders schwer zu fassen, aber wenn Orte überlaufen sind, wie eine leere Kulisse oder aber besonders authentisch und gemütlich wirken, dann sollte sich das in der Bewertung niederschlagen, so meine Idee. Für jede dieser Kriterien werde ich maximal 5 Sterne vergeben. Insgesamt kann eine Altstadt also in meinem Ranking 15 Sterne erreichen.

Wie lautet nun meine Bewertung für die Altstadt von Goslar? In Sachen Architektur legt Goslar ganz schön vor. Mit der Kaiserpfalz und den 1.500 Fachwerkhäusern in dem etwa einen Quadratkilometer großen Altstadtkern vergebe ich vier von fünf möglichen Sternen.

Die gastronomische Auswahl und Qualität lässt kaum zu wünschen übrig und beherbergt, soweit ich es einschätzen konnte auch nur wenige Touristenfallen. Auch hier vergebe ich vier von fünf Sternen.

Die verwinkelten, teils schmalen, aber nicht überfüllten Gassen und die zusammenhängende Gebäudeensembles machen auf mich den Eindruck einer belebten Stadt, die nicht primär als Kulisse für die Touristen wie mich betrieben wird. Wieder vier Sterne und damit insgesamt 12 Sterne für Goslar. Eine satte Vorlage für die anderen Kandidatinnen.

Osterode am Harz – Zwischen Historie und Melancholie

Nur wenige Kilometer weiter liegt Osterode am Harz, mein nächster Halt. Die Stadt hat weniger als halb so viele Einwohner wie Goslar, und das spürt man sofort. Osterode ist ruhiger, fast schon verschlafen. Am historischen Kornmarkt parke ich meine Maschine direkt vor dem alten Rathaus, einem Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert. Hier, von wo einst die Bergleute mit Getreide versorgt wurden, lässt sich die Geschichte hautnah erleben.

Trotz der schönen Altstadt wirkt Osterode ein wenig melancholisch. Viele der Fachwerkhäuser stehen leer, und die Gassen sind oft menschenleer. Es fehlt die Lebendigkeit, wie sie beispielsweise Goslar versprüht. Dennoch strahlt die Stadt einen gewissen Charme aus, besonders für diejenigen, die einen ruhigen Ort zum Verweilen suchen. Für Wanderer ist Osterode jedoch ein wichtiger Ausgangspunkt, denn hier beginnt der Harzer-Hexen-Stieg, der sich auf bis zu 150 Kilometern durch den Harz schlängelt.

Auch heute noch finden sich in der Altstadt wunderschöne Fachwerkgebäude und alte Bausubstanz wie das alte Rathaus nahe dem Kornmarkt. Leider nicht in der Fülle wie in Goslar und auch stehen viele dieser Gebäude leer. Entsprechend allein läuft man durch die Straßen. Im Vergleich kann ich hier bei Architektur drei Sterne vergeben und bei Gastronomie und Atmosphäre leider nur jeweils zwei Sterne. In meinem Ranking erreicht Osterode also insgesamt sieben Sterne – eine charmante, aber ruhige Stadt mit viel ungenutztem Potenzial.

Stolberg – Ein Juwel inmitten der Zeit

Als ich nach einigen weiteren Kurven und malerischen Streckenabschnitten in Stolberg ankomme, fühlt es sich an, als wäre die Zeit stehengeblieben. Dieser winzige Ort mit nur etwa 1.300 Einwohnern wirkt wie eine einzige große Altstadt auch wenn das „Stadtrecht“ lange nicht mehr zählt. Die gepflasterten Straßen, die urigen Fachwerkhäuser und das prächtige Schloss Stolberg schaffen eine Kulisse, die fast zu kitschig ist, um wahr zu sein.

Stolberg ist überschaubar – hier könnte man die Altstadt in kurzer Zeit zu Fuß erkunden. Doch die Atmosphäre ist einmalig. Während die größeren Städte wie Goslar und Wernigerode immer auch einen modernen Teil haben, fühlt sich Stolberg an wie ein Ort, der komplett im Mittelalter verhaftet geblieben ist. Die Geschichte ist hier allgegenwärtig, von den Kämpfen des Deutschen Bauernkriegs bis zu den Spuren der Reformation. Für mich zählt vor allem die Authentizität. Drei Sterne für Architektur, drei für Gastronomie und vier für die Atmosphäre – insgesamt also zehn Sterne für diesen versteckten Schatz.

Quedlinburg – Ein Filmset am Rande des Harzes

Mein vierter Stopp führt mich nach Quedlinburg, und schnell ist klar: Diese Stadt spielt fast in einer eigenen Liga. Über 2.100 Fachwerkhäuser aus 800 Jahren prägen das Stadtbild, und der gesamte Stadtkern gehört seit 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es fühlt sich fast surreal an, als ich durch die Gassen gehe, die oft als Filmkulisse dienen. Hier wurde Geschichte wirklich konserviert.

Das Wahrzeichen der Stadt ist das Schloss auf dem Schlossberg, von dem man einen herrlichen Blick über die Stadt hat. Die romanische Stiftskirche Sankt Servatii thront über der Stadt und verleiht Quedlinburg zusätzlich einen Hauch von Erhabenheit. Auch das gastronomische Angebot kann sich sehen lassen – zahlreiche kleine Cafés und Restaurants locken mit regionalen Spezialitäten. Quedlinburg erreicht in meinem Ranking die volle Punktzahl für Architektur und Atmosphäre und verpasst nur knapp die Höchstwertung in der Gastronomie. Insgesamt kommen hier satte 14 Sterne zusammen – die unangefochtene Spitzenreiterin dieser Tour.

Wernigerode – Die „bunte Stadt am Harz“

Zum Abschluss geht es nach Wernigerode, der „bunten Stadt am Harz“. Das Rathaus am Marktplatz ist wohl eines der bekanntesten Postkartenmotive der Region und das Schloss Wernigerode bietet einen fantastischen Ausblick auf die Stadt und bei gutem Wetter bis zum Brocken, dem höchsten Gipfel des Harzes. Die Stadt ist lebendig, aber nicht überlaufen, und die Mischung aus modernem Stadtleben und historischer Altstadt funktioniert hier sehr gut.

Mit seinen verwinkelten Gassen, der lebhaften Atmosphäre und den vielen Ausflugsmöglichkeiten ist Wernigerode ein würdiger Abschluss meiner Altstadttour. Wie in Goslar gebe ich auch hier 12 Sterne, vor allem wegen der tollen Architektur und der beeindruckenden Kulisse.

Fazit – Fünf Städte, fünf Geschichten

Der Harz hat mich mit seiner Mischung aus Geschichte, Natur und Kurven verzaubert. Jede der fünf Altstädte, die ich besucht habe, erzählt ihre eigene Geschichte und bietet einzigartige Erlebnisse. Doch in meinem Ranking sichert sich Quedlinburg mit 14 Sternen den ersten Platz, gefolgt von Goslar und Wernigerode mit je 12 Sternen. Stolberg schließt mit 10 Sternen ab und Osterode bildet mit sieben Sternen das Schlusslicht.

Wer den Harz auf zwei Rädern erkunden möchte, sollte unbedingt auch diese Orte besuchen. Und vielleicht habt ihr ja noch eure eigenen Favoriten? Lasst es mich wissen – ich freue mich auf eure Tipps und Geschichten!

Lust auf mehr?

Wie wäre es dann mit einer Schottland-Tour  oder noch mehr Touren im Harz?

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Der sonnige Schulweg: Eine Motorradreise über Dijon nach Lyon https://ride4awhile.com/motorradtour-lyon/ Fri, 08 Mar 2024 17:00:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1314

Motorradtour Dijon und Lyon

Der sonnige Schulweg: Eine Motorradreise über Dijon nach Lyon

Die richtig coolen Kids kommen mit dem Motorrad zu Schule! Das Alter habe ich zwar nicht mehr, aber mir wird zumindest noch oft genug quittiert, dass ich kindisch sei. So ist eine Woche Sprachurlaub in Lyon gebucht und ich reise natürlich mit dem Motorrad an. Erst über das Elsass und die Vogesen und dann nochmal über Dijon nach Lyon, wo ich neben der Stadt auch die Kurven im Umland erkunden möchte. Eine Reise, von der mir nicht nur die Vokabeln im Gedächtnis bleiben.

Auch wenn die ersten Kilometer hinter Villersexel aussehen wie die Agrarlandschaft der niedersächsischen Tiefebene, so freue ich mich dennoch auf den Tag. Der eintönig blaue Himmel spricht früh eine Schönwettergarantie aus und ich nähere mich schnell dem Parc national de forêts, also einem Waldnationalpark. Schmale Straßen, ein paar einsteigerfreundliche Kurven und sehr wenige Menschen verkürzen mir den Weg bis in die französischen Senf-Hauptstadt Dijon. Ich habe keine Eile und hier zwei Übernachtungen, um mich wenigstens einen ganzen Tag umschauen zu können.

Stippvisite in Dijon

Die lichtdurchflutete Innenstadt mit dem dominierenden hellen Kalkstein bringt mir Ende Oktober den Sommer nochmal zurück aus der Erinnerung. Die Stadt im Herzen des Burgunds zieht Gourmets sicher nicht nur wegen ihres Senfs in die Stadt. Kochen und Lebensmittel machen mir Freude und so geht es morgens direkt in die Markthalle von Dijon, die so aussieht, als hätte der wohl berühmteste Sohn der Stadt, Alexandre Gustave Eiffel, sie persönlich entworfen. Hier eine Duftwolke frischer mediterraner Kräuter, dort die Farbpracht in Würde gereiften Gemüses und wenige Schritte weiter die würzige Melange dutzender Käses-Aromen. Diese Vielfalt der frischen Lebensmittel auf solchen Märkten, einfach herrlich!

Nach diesem multisensorischen Feuerwerk geht es für ein rein visuelles ins Musée des Beaux-Arts und das Musée Magnin. Frisch bepackt mit ein paar Beutestücken aus einer hübschen kleinen Pâtisserie, lassen wir uns anschließend mit einem Kaffee im Jardin Darcy nieder. Beim folgenden Besuch der gotischen Kathedrale von Dijon von 1792 hatten wir das Glück, dass gerade ein riesiger Chor den passenden Soundtrack für die Besichtigung anstimmte. Danach streifen wir nur noch etwas ziellos durch die Gassen und lassen den Tag ausklingen.

Route des Grands Crus

Eigentlich als reine Transfährfahrt geplant, entpuppt sich die Weiterfahrt nach Lyon doch als abwechslungsreicher als gedacht. Kaum sind wir aus der Stadt raus, befinden wir uns auf der Route des Grands Crus. Auf Deutsch bedeutet das so viel wie Die Straße der großen Gewächse, also der edlen Weine.

An dieser insgesamt etwa 60 Kilometer langen Themenstraße befindet sich eines der führenden Weinanbaugebiete Frankreichs. Wobei nicht jeder einzelne Wein hier super sein muss, denn „Grand Cru“ ist zunächst eine Bezeichnung für die Lage. Je nach Region oder Land wird diese Bezeichnung auch noch anders verwendet. Die Bezeichnung „Großes Gewächs“ gibt es so beispielsweise auch in Deutschland, aber hier wird sie allein als höchste Klassifikationsstufe verwendet und nicht als Bezeichnung für eine Lage.

Die kleinen historischen Ortschaften des Burgunds und die langen Hänge, die golden im Morgenlicht glänzen, sind traumhaft anzuschauen und eine eindrucksvolle Erklärung, wieso dieses Département „Côte-d’Or“, also Goldhang heißt. Für die Eiligen verläuft auch eine Schnellstraße in der Gegend und so hat man auf der eigentlichen Route seine Ruhe und teilt sich die Straße mit Einheimischen und Winzern.

Einige Kilometer begleitete mich der künstliche Canal du Centre auf meinem Weg. Hier sind einige Freizeitkapitäne mit etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit unterwegs und genießen die Landschaft links und rechts der Wasserstraße. Hier verläuft auch ein Radweg, an dem ich mir eine kleine Pause auf einem Rastplatz genehmige und ein paar Kurven später komme ich in Lyon an und freue mich auf das klimatisierte Appartement, denn im langsamen Stadtverkehr und in praller Sonne läuft mir der Schweiß.

Erkundung in Lyon

Neben dem Französischunterricht, der täglich etwa bis 13 Uhr geht, wird die Stadt zu Fuß erkundet und sie hat viel zu bieten. Lyon ist eine große Stadt mit viel Geschichte und bietet sicher jedem etwas. Ab dem Jahr 43 vor Christus war die Stadt römisches Verwaltungszentrum.

Das eigentliche Zentrum der Stadt ist die Presqu’île, die Halbinsel, die von den Flüssen Rhone und der Saône umflossen wird. Hier befinden sich beispielsweise die Oper mit ihrer markanten tonnenförmigen Kuppel, das Rathaus und das Musée des Beaux-Arts.

Am westlichen Ufer der Saône geht es steil bergauf auf den Hügel Fourvière. Auf dem oben die Basilika Notre-Dame de Fourvière und der, dem Eifelturm nachempfundene Tour métallique thronen. Unweit der Basilika finden sich auch noch die Reste eines römischen Theaters. Die heutige Basilika wurde 1872 fertiggestellt aber schon seit dem Jahr 1168 stand an diesem Ort eine Marienkapelle.

Auf derselben Saône-Seite befindet sich auch der 30 Hektar großen Stadtteil Vieux Lyon. Hier stehen noch rund 500 Häuser, die aus dem Mittelalter und der Renaissance stammen. Eines der größten und besterhaltenen Altstadtensembles in Frankreich.

Unbedingt sehenswert ist auch der Parc de la Tête d’Or. Angeblich ist auf der Parkgelände eine goldene Nachbildung vom Kopf Christi vergraben. Daher auch der Name des Parks: Park des goldenen Kopfes. Das Gelände hieß auch schon so, bevor der eigentliche Park hier 1857 eröffnet wurde. Aber auch ohne versteckten Schatz ist der Park mit seinem botanischen Garten oder den kostenlosen Zooanlagen einen Besuch wert.

Zur Anlage gehört auch ein 16 Hektar großer See. An dessen Ufer mache ich es mir gemütlich, um mit meinem neuen Messer eine Flasche Wein aus der Region zu öffnen und diesen mit etwas Wurst, Oliven und Baguette zu genießen.

Motorradtour Lyon

Trotz des intensiven Französischkurses und der vielfältigen Sehenswürdigkeiten in Lyon selbst, zog es mich hinaus auf die Straße. An meinem letzten Tag ließ die Stadt hinter mir und fand mich auf überraschend einsamen Wegen wieder, die direkt vor den Toren der Großstadt beginnen. Sobald ich Lyon in südlicher Richtung verließ, eröffneten sich kurvenreiche Strecken entlang der Rhone. Hier genoss ich die kurvigen Landstraßen, die mich sanft wieder ins Motorradfahren einführten.

Griffige Straßen schlängelten sich durch die, vom langen Sommer ausgetrocknete, Landschaft und die vielversprechenden Weinlagen. Gelegentlich bot sich ein Blick auf die Rhone, bevor die Straßen enger und die Ortschaften seltener wurden. Ein besonderer Moment war die Pause als einzige Gäste in einem einsamen Café in einer kleinen Ortschaft – ein ruhiger Kontrast zur lebendigen Stadt.

Wenige Kurven später hatte mich die Stadt zurück. Dann wurden nur noch bei einem Glas Wein die Sachen gepackt und am nächsten Morgen klingelte schon um 6 Uhr der Wecker und nach einem letzten Pain au Chocolat, die in Frankreich so wunderbar schmecken und in Deutschland leider meist überhaupt nicht, ging heimwärts. Über Bundesstraßen und Autobahnen mit einer Zwischenübernachtung ging es zurück nach Norddeutschland. Meine letzte größere Tour im Jahr 2023 war damit zu ende.

Übrigens: Mein liebgewonnenes Opinel-Messer, welches ich in Straßburg erwarb, verbleibt auf Anraten meiner Frau nun einfach im Tankrucksack, so dass ich es (theoretisch) nie wieder auf einer Tour vergessen kann.

Lust auf mehr?

Wie wäre es dann mit einer Schottland-Tour  oder mit dem Motorrad zur Rapsblüte in die Holsteinische Schweiz?

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Zwischen Herbstsonne und historischen Pfaden: Motorradabenteuer durch das Elsass und die Vogesen https://ride4awhile.com/motorradtour-elsass-und-vogesen/ Fri, 26 Jan 2024 17:00:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1216

Französischer Charme und sanfte Kurven

Zwischen Herbstsonne und historischen Pfaden: Motorradabenteuer durch das Elsass und die Vogesen

Kurven, Kultur und Kulinarisches: Wie gut, dass so viele Motorradreiseregionen dies so wunderbar vereinen. So kann auch meine Herbsttour ins Elsass und durch die Vogesen hier drei von drei Haken auf der imaginären Checkliste machen. Auf rund 700 Kilometern erkunde ich zum ersten Mal diese Region von Nord nach Süd und bin direkt vernarrt in diesen kulturell einzigartigen Landstrich: Bezaubernde Altstädte in den Tälern und kilometerweiten Aussichten von den Gipfeln entlang der Route des Crêtes. Doppelt so lange möchte ich bleiben, aber ich bin nur auf der Durchreise.

Nach rund siebenstündiger, pausenarmer Autobahnanreise überquerte ich die deutsch-französische-Grenze bei Weißenburg (frz. Wissembourg). Die Stadt gehört seit 2008 zu den 100 „Schönsten Umwegen Frankreichs“ und ich nutze die Gelegenheit für eine längere Pause und der ersten Bestellung in einem Café seit zu langer Zeit auf Französisch. Unter strahlender Herbstsonne schlendere ich vorbei am historischem Salzhaus und durch die kleine Gasse „Le Schlupf“ an der Lauter, bevor es in die nördlichen Vogesen geht, um mich und meine Tiger langsam wieder an Kurven zu gewöhnen.

Motorradtour Elsass und Vogesen

Ich tauche also endlich ein, in das Elsass; eine Region ganz im Osten Frankreichs. Sie grenzt im Süden an der Schweiz und im Osten an Deutschland. Der Rhein bildet hier die Grenze. Das heutige Elsass hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von rund 190 Kilometern und misst von West nach Ost etwa 50 Kilometer. Die Vogesen als französisches Mittelgebirge liegen zum Großteil im Elsass und prägen die Region landschaftlich stark. Wohltuend die leeren Straßen, die Fachwerkhäuschen in den Ortschaften sowie den leuchtenden Geranien in den prall gefüllten Blumenkästen der Ortschaften. So nähere ich mich Straßburg, checke entschleunigt im Hotel ein und freue mich, am nächsten Tag die Stadt zu Fuß kennenzulernen. Am Abend schaffe ich es zumindest noch für ein Abendessen in die Altstadt.

Straßburg – Europa zum Anfassen

Als offizieller Sitz des Europarates, des Europaparlaments, des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und des Fernsehsenders ARTE (um nur einige Institutionen zu nennen) ist Straßburg so europäisch, wie es eine Stadt nur sein kann. So international ist dann auch das Publikum. Ob das an den vielen Institutionen und seinen Beschäftigten, der Grenznähe zu Deutschland oder den vielen Touristen liegt, vermag ich aber nicht abzuschätzen.

Die alles überragende Sehenswürdigkeit der Stadt ist das Straßburger Münster. Auf Französisch heißt sie „Cathédrale Notre-Dame de Strasbourg“. Sie zählt zu den bedeutendsten Kathedralen der europäischen Architekturgeschichte und zudem zu den größten Sandsteinbauten der Welt.

Monumente der Detailverliebtheit wie beispielsweise die Fensterrose über dem Hauptportal mit ihrem Durchmesser von über 13 Metern, der Engelssäule und der astronomischen Uhr direkt nebendran beeindrucken Millionen Besucher jährlich.

Die 1439 fertiggestellte Kathedrale im überwiegend gotischen Stil war mit seinem 142 Meter hohen Nordturm mindestens von 1647 bis 1874 das höchste Gebäude der Welt und ist zudem das höchste von der Menschheit errichtete Bauwerk im Mittelalter.

The Quest – Was wäre Frankreich ohne Wein?

Es war mir schon am Vortag schmerzlich bewusst geworden. Ich hatte die letzten Wochen viel zu tun. Die Route zu planen und die Sachen zu packen musste schnell gehen. Vor meinem geistigen Auge hatte ich mir allerdings schon oft vorgestellt, wie ich auf der Reise irgendwann und irgendwo eine Flasche Wein öffnen und mit einem Baguette, einer Salami oder Käse und Oliven an einem schönen Plätzchen einfach eine gute Zeit haben würde. Aber ich hatte vergessen ein Taschenmesser einzupacken. Nicht dass ich so ein Messernarr wäre, aber ich habe schon zwei, drei Taschenmesser und sogar ein Leatherman. Sie alle lagen trocken, sicher und nun für mich völlig nutzlos zuhause.

So war es mein Ziel für diesen Tag irgendwo ein Taschenmesser mit Korkenzieher zu erwerben. Diese geheime Mission hatte ich schon beim Frühstück im Kopf. Nachdem ich das Straßburger Münster bestaunt hatte, zog ich direkt durch jedes Souvenirgeschäft am Platz auf der Suche nach meinem neuen Messer. Ich blieb erfolglos –vorerst.

La Petit France und Europaparlament

Einer der beliebtesten Hot-Spots in Straßburg ist sicher das Viertel Petit France, also Klein-Frankreich. Das mit Kanälen durchzogene Viertel auf der Altstadtinsel hat noch viele gut erhaltene alte Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Hier kehre ich ein und lasse mir am Rande einer der kleinen Kanäle unweit der Brücke Ponts Couverts einen Flammkuchen mit Munster-Käse und ein Glas Gewürztraminer schmecken. Obwohl es schon Ende September ist, bin ich froh über den Sonnenschirm, denn trotz T-Shirt und kurzer Hose ist es noch sehr heiß.

Kurz zuvor hatte ich es in einem Schaufenster erblickt: Ein Taschenmesser, mit Flaschenöffner und Korkenzieher der französischen Marke Opinel: Es muss Bestimmung gewesen sein. Die Mission war erfüllt. Meine Frau rollte mit den Augen, aber ich war glücklich und konnte den Urlaub entspannt fortsetzen.

Nach dem Mittagessen ging es auf einen längeren Fußweg zum Europaparlament. Leider waren gerade keinen Sitzungen und das Parlament nahezu ausgestorben, aber zumindest kam man nun recht schnell durch die Sicherheitsschleuse. Taschenmesser darf man sogar hinterlegen und nach seinem Besuch wieder abholen. Es war den Sicherheitsleuten zwar anzusehen, dass dies nicht oft vorkommt, aber es ist möglich.

Raus aus der Stadt und rein in die Vogesen

Ein kurzes Stück Schnellstraße aus der Stadt heraus und schon bin ich im ländlichen Idyll des Elsass. Weinberge und malerische Ortschaften mit viel Fachwerk liegen am Wege.

Das Elsass, ist eben auch eine bezaubernde Weinregion und berühmt für ihre hügeligen Landschaften und erstklassigen Weine. Dank eines einzigartigen Mikroklimas, gedeihen hier Trauben, die für ihren charakteristischen Geschmack bekannt sind. Besonders bekannt sind die elsässischen Weißweine, darunter Riesling, Gewürztraminer und Pinot Gris und einige mehr.

Die Straßen des Elsass schlängeln sich durch traditionelle Dörfer und vorbei an historischen Weinbergen, die einen tiefen Einblick in die jahrhundertealte Weinbautradition bieten. Diese malerischen Routen sind nicht nur ein Paradies für Weinliebhaber, sondern auch für uns Motorradfahrer, die die Schönheit dieser Landschaft auf zwei Rädern erleben möchten.

Rast an der Hohkönigsburg

Die Hohkönigsburg thront majestätisch auf einem hohen Bergkamm und bietet einen atemberaubenden Blick über das Rheintal, die elsässische Ebene und bei klarem Wetter sogar bis zum Schwarzwald. Mit einer halben Millionen Besuchern pro Jahr einer der Besuchermagneten im Elsass und in Frankreich überhaupt. Dieser strategische Standort hat seit Jahrhunderten dazu beigetragen, dass die Burg eine bedeutende Rolle in der regionalen Geschichte spielte.

Ursprünglich im 12. Jahrhundert erbaut, wurde sie im Laufe der Zeit mehrmals zerstört und wiederaufgebaut. Ihre heutige Form erhielt die Burg Anfang des 20. Jahrhunderts unter der Ägide Kaiser Wilhelms II., der sie, wie er es sah, als Symbol der deutschen Macht und des Wiedererstarkens im Elsass wiederaufbauen ließ.

Die Architektur der Burg spiegelt eine Mischung aus mittelalterlichen Strukturen und modernen Elementen der damaligen Zeit wider, was sie zu einem einzigartigen Denkmal macht. Die Hohkönigsburg ist nicht nur ein Zeugnis der wechselvollen deutsch-französischen Geschichte, sondern bietet auch Einblicke in das Leben mehrerer Epochen.

Im Herzen Europas

Würde es das Elsass nicht schon geben, man müsste es erfinden: Eingebettet im Herzen Europas, ist es bekannt für eine bewegte Vergangenheit. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Elsass mehrfach zwischen deutscher und französischer „Herrschaft“, was zu einer einzigartigen Verschmelzung von Kulturen geführt hat. Für uns Deutsche ist das Elsass nicht nur ein geographischer Nachbar, sondern auch ein kultureller Brückenschlag, der auch unsere gemeinsame, und leider oft blutige Geschichte widerspiegelt.

Die elsässische Kultur ist ein Kaleidoskop aus deutschen und französischen Einflüssen. Hier findet man charmante Fachwerkhäuser neben moderner französischer Architektur. Die elsässische Küche um Brezel, Sauerkraut, Gugelhupf, Flammkuchen, Wein und vielem Mehr kommt mir oft merkwürdig vertraut und doch irgendwie anders vor.

Die ersten Gipfel

Ab dem Col du Bonhomme bin ich auf der Vogesenkammstraße, der bekannten Routes des Crêtes, unterwegs. Auf dem 1.139 Meter hohen Col de la Schlucht mache ich eine kurze Pause und biege dann ab Richtung Colmar. Statt dem direkten Weg nehme ich noch einen Abstecher zum Lac Blanc. Dieser glasklare Bergsee hat eine Fläche von 29 Hektar und misst an der tiefsten Stelle 72 Meter. Unweit vom Ufer kann ich Fische (vielleicht sind es Forellen oder Saiblinge?) beobachten, wie sie gemächlich ihre Runden ziehen.

Dann geht es weiter zu meinem Tagesziel Colmar. Für die letzten Kilometer dieses Tages haben die Straßenbauer nochmal feinstes Asphaltband in die Landschaft drapiert.

Colmar

Die drittgrößte Stadt des Elsass wirkt wie aus dem Bilderbuch. Architektur aus über sechs Jahrhunderten kann hier bestaunt werden und egal ob in der Altstadt oder dem Viertel Petit Venise, also klein Venedig, man weiß eigentlich nie, wohin man zuerst schauen soll. Da wir erste am späten Nachmittag ankommen, kann ich mir die Markthalle nur von außen anschauen. So schön es dort ist, man teilt sich die Stadt dann aber eben auch mit unzähligen anderen Besuchern.

Am Abend stärke ich mich dann mit dem elsässischen Sauerkraut-Klassiker „Choucroute garnie“ was so viel heißt wie garniertes Sauerkraut. Ein wunderbarer Kalorienvorschuss für den nächsten Tag.

Routes des Crêtes

Ich fahre einem einwöchigen Französischkurs in Lyon entgegen. Das bedeutet, dass meine Tour durch das Elsass lediglich ein bezaubernder Teil meiner Anreise ist. Heute ist also schon mein letzter Tag auch in den Vogesen, aber den genieße ich und fahre unter anderem noch den Rest der Routes des Crêtes entlang. Dazu geht es zunächst noch einmal die D417 aber diesmal bergauf zum Col de la Schlucht und ab dort bin ich wieder auf der Routes des Crêtes.

Nach wenigen Kilometern verlasse ich diese allerdings für ein paar Kilometer, um mir kleineren und kurvigere Straßen anzuschauen. Route des Américains und Rue des Bramont sind hier die passenden Stichwörter. Aber schaut gerne unten in die GPX-Daten für den genauen Streckenverlauf.

Das Wetter meint es gut mit mir und verwöhnt mich nicht nur mit warmer Herbstsonne, sondern auch mit kilometerweiten Ausblicken. Die Route des Crêtes schlängelt sich entlang der Gipfel der Vogesen. Der höchste Gipfel hier ist mit 1.424 Metern der Grand Ballon. Knapp hundert Meter tiefer, auf 1.325 Metern verläuft die zugehörige Passstraße.

Grand Ballon hat übrigens nichts mit einem Ballon zu tun. Auf Deutsch heißt der Berg „Großer Belchen“. Im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz gibt es insgesamt fünf Gipfel, die „Belchen“ im Namen tragen. Eine Theorie dahinter: Der Name wurde vom Keltischen Sonnengott „Belenus“ abgeleitet und die Berge fungierten in vorchristlicher Zeit als gigantischer Sonnenkalender. Vom Ballon d’Alsace aus gesehen kann man zum Beispiel am 1. Mai die Sonne genau über dem Grand Ballon aufgehen sehen.

Ursprünglich im Ersten Weltkrieg als militärische Versorgungsroute angelegt, hat sich die Route des Crêtes zu einer der beliebtesten Straßen für Motorradfahrer und Naturliebhaber entwickelt. Sie erstreckt sich über rund 77 Kilometer und verläuft vom Col du Bonhomme im Norden bis nach Cernay im Süden. Bei gutem Wetter hat man an vielen Stellen eine kilometerweite Aussicht. Immer wieder taucht man aber auf den geschwungenen Straßen auch in das satte Grün der allgegenwärtigen Wälder und Wiesen ein, die diese Region auszeichnen.

Das Elsass und die Vogesen bieten deutlich mehr, als ich in diesen wenigen Tagen auf der Durchreise angemessen würdigen kann.  Ein Wiedersehen ist da schon vorprogrammiert. Denn in jedem Fall hat die Zeit gereicht, um mich für diese Region zu begeistern. Fast schon etwas wehmütig genieße ich die letzten Rundungen der Vogesen. Meine nächste Unterkunft ist in Villersexel. Von da geht meiner Tour weiter über Dijon bis nach Lyon aber dazu gibt es dann einen eigenen Bericht und eine neue Reisereportage auf YouTube. Übrigens: Das Opinel-Messer kam dann in diesem zweiten Teil meiner Tour in Dijon und Lyon auch noch zum Einsatz.

Lust auf mehr?

Wie wäre es dann mit einer Schottland-Tour  oder mit dem Motorrad zur Rapsblüte in die Holsteinische Schweiz?

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Das Ende der Reise – Mystische Orte und Abschied von den Highlands https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-4/ Fri, 08 Sep 2023 16:16:44 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1049

Motorradtour Schottland (4/4)

Das Ende der Reise - Mystische Orte und Abschied von den Highlands

In diesem vierten und letzten Teil meines Reiseberichtes von Schottland starte ich mit einer Tour über die Insel Skye. Bevor es für mich zur Fähre nach Newcastle und somit heimwärts geht, beziehe ich zudem noch Station in der schönen Küstenstadt Oban und Schottlands größter Stadt Glasgow. Kurz zuvor besuche ich noch die mystische Kanzel des Teufels.

Nach Edinburgh ist Dornie die einzige Unterkunft, in der ich zwei Nächte übernachte. Das man abends in das wahnsinnig authentische The Clachan gehen und nach dem Abendessen in fünf Minuten zum Eilean Donan Castle gehen kann, das tagsüber ein Touristenmagnet und abends geradezu einsam auf seinem Felsen thront, finde ich eine unschlagbare Kombination.

Die Insel Skye

Die Koffer bleiben also ausnahmsweise im Zimmer, während ich mich startklar mache. Graue Wolken hängen tief und Regen scheint mir heute gewiss. Über die nahe Brücke setze ich über auf die Insel Skye. Für Skye-Besucher gibt es sicher irgendwo eine To-Do-Liste, welche Orte man gesehen haben muss, denn die Insel quillt über von Touristen, die alle die selbe Liste abzuarbeiten scheinen. Der erste Punkt auf dieser Liste auch für mich: Die Sligachan Bridge ist eine Steinbrücke, die um 1820 über den gleichnamigen Fluss erbaut wurde. Viele Wandertouren starten hier an diesem beliebten Fotomotiv. Die Brücke liegt in Sichtweite der A87 am Abzweig der A863. Wer auf die Isle of Skye fährt, kann diese Brücke also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gar nicht übersehen.

Im Fünfminutentakt wechselt das Wetter zwischen Nieselregen und Regenpause, daher schaue ich nur vom Parkplatz Richtung Fairy Pools. Diese Feenbecken, die als unterschiedliche große Wasserbecken über kleine Wasserfälle miteinander verbunden sind, kenne ich somit weiterhin nur von Fotos, denn den Fußweg möchte ich in Motorradklamotten samt atmungsunfähiger Regenkleidung drüber nicht auf mich nehmen. Ich habe nichts gegen Wanderetappen, aber bei dem Wetter spare ich mir die halbe Stunde pro Weg.

Einer der Hot Spots auf Skye und mein nächstes Ziel ist sicher die Halbinsel Neist Point mit ihren spektakulären Klippen und dem 1909 errichteten Leuchtturm auf der äußersten Spitze. Mit dem Motorrad findet man hier gut ein Plätzchen, wo man sich hinstellen kann. Autofahrer müssen mitunter schon mehrfach auf und ab fahren, bis sie einen freien Parkplatz ergattern.

Auf dem Weg nach Portree, dem Hauptort der Insel, finde ich dann doch noch einige der kleinen und idyllischen Sträßchen auf Skye. Mit seiner bunten Häuserzeile am Hafen ist Portree vielen bestimmt schon einmal als Foto begegnet. Mit seinen vielleicht 2.500 bis 3.000 Einwohnern und heute geschätzten doppelten Menge an Besuchern finde ich selbst mit Motorrad kaum einen Parkplatz. Viele stören sich nicht daran, aber ich kann mit solchen Menschenmassen nicht viel anfangen und gebe meiner Tiger bei Zeiten wieder die Sporen.

Auf meiner Weiterfahrt zur nächsten Sehenswürdigkeit wird es mir zu bunt. Das Navigationssystem zeigt mit noch vier Kilometer bis zu meinem Ziel an, aber ich stehe im Stau. Ich könnte mich zwar vorbei schlängeln, aber ich will eigentlich keinen Ort besuchen, an dem schon so viele andere Leute herumstehen. Ich drehe um. Ich fahre also zurück nach Portree und verlasse über die die A87 die Insel Skye.

Als wollte sich Schottland versöhnlich zeigen, kommt nachmittags bis zum Abend noch einmal die Sonne heraus. Nach einem guten Abendessen und zwei großen IPA im The Clachan spaziere ich nocheinmal zum Eilean Donan Castle und genieße den Abend.

Durch das Glen Coe bis nach Oban

Das Glenfinnan Viadukt aus Harry Potter findest du in den GPX-Daten zu dieser Tour am Ende des Artikels. Ich lasse es links liegen und mache mich direkt auf in das beeindruckende Tal Glen Coe. Eine urtypischere Schottland-Landschaft ist wohl schwer zu finden, wurden hier doch gleich mehrerer Filme gedreht Braveheart, Rob Roy, James Bond Skyfall, Highlander und Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Leider hängen die Wolken auch an diesem Tag tief und ich kann die Regenklamotten erst in Oban ausziehen, aber in Sachen Dramatik ist dies das i-Tüpfelchen für diesen Ort. Falls du dieselbe Pose wie Daniel Craig in Skyfall hier einnehmen möchtest, findest du auch diesen Punkt in den GPX-Daten.

Die Gegend ist ein Paradis für Outdoor-Fans: Etliche Wanderwege und Skipisten verlaufen in diesem Tal und der Ben Nevis, mit 1.345 m höchster Berg Schottlands und Großbritanniens, ist nicht weit weg.

Das Tal hat wie viele Gegenden Schottlands auch eine düstere Vergangenheit. Es ist auch als Tal der Tränen bekannt, seit 1692 Clans-Streitigkeiten zu einem hinterlistigen Massaker (dem Massaker von Glencoe) führten. Mindestens 38 Männer wurden ermordet und mutmaßlich 40 Frauen und Kinder starben bei ihrer Flucht, weil sie schutzlos keine Chance gegen die Witterung im Februar hatten.

Ich verlasse nach einiger Zeit die A82, die durch das Glen Coe führt und finde mich schnell auf wesentlich leereren Single Track Roads wieder. Nicht weniger mystisch geht es hier durch eine nahezu menschenleere Idylle.

Auf kleinen verschlungenen Pfaden durch etliche Nutztierweiden nähere ich mich Oban. Die Stadt hat keine 10.000 Einwohner, liegt an einer geschützten Bucht an der Westküste Schottlands und bietet alles, was man so braucht.

An einer Stelle steht genau auf der anderen Seite eines Weidegitters auf der Straße ein schottisches Hochlandrind mit respekteinflößenden Hörnern samt Kälbchen. Ich beobachte die Situation längere Zeit, aber das Tier scheint gemütlich wiederzukäuen und keinerlei Interesse daran zu haben, sich jemals wieder einen Schritt in irgendeine Richtung zu bewegen. Einen örtlichen E-Bike-Fahrer lässt die Situation völlig kalt und er fährt einfach mit Schmackes zwischen Rind und Kalb hindurch, ohne auf die Hörner genommen zu werden. Ich tue es ihm gleich.

Der Himmel klarte auf den letzten Kilometern schon deutlich auf und in Oban angekommen, gab es dann blauen Himmel und frühlingshafte Temperaturen.

Direkt neben meinem Hotel war die St. Columba’s Cathedral. Wir waren zu dieser Zeit die einzigen Besucher: Das hat etwas Faszinierendes ist aber auch ein wenig gruselig. Im Jahr 1932 wurde der Grundstein gelegt, aber der zweite Weltkrieg verzögerte den neogotischen Bau wohl, der 1952 fertiggestellt wurde.

Der Stadtrundgang führt mich unter anderem zum McCaig’s Tower. 1897 hat der wohlhabende Bankier John Stuart McCaig diesen Tower, der dem Kolosseum in Rom nachempfunden ist, in Auftrag gegeben. Fünf Jahre wurde daran gebaut, fertig gestellt wurde es allerdings nie, denn nach seinem Tod wurden die Bauarbeiten eingestellt. Das Bauwerk mit rund 200 m Durchmesser sollte der Familie wohl ein Monument setzen und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen. Allein durch die Lage ist der Tower einen Ausflug wert, denn man hat eine schöne Aussicht von hier oben auf ganz Oban und über die Bucht und den Hafen.

Tourismus Schottland

Am nächsten Tag scheint die Sonne und ich scheine wieder ein gutes Händchen für meine Tourplanung gehabt zu haben. Ich fahre auf verkehrsarmen leicht geschwungenen Straßen durch bildschöne Landschaften.

Dass man diese Landschaften nicht immer für sich hat, hat mir unter anderem der Tag auf Skye gezeigt. Es hat sich eben auf der Welt herumgesprochen, wie schön dieses Land ist. Pro Jahr verzeichnet Schottland zwischen 14 und 15 Millionen Besucher. Davon kommen etwa 13 % aus Deutschland.

Am Tourismus hingen im Jahr 2015 rund 217.000 Arbeitsplätze. Das waren 9 % aller Arbeitsplätze in Schottland.

Der Erfolg kommt nicht von Ungefähr. Zahlreiche Filme und Serien wurden zum Teil in Schottland gedreht. Im Jahr 2012 startete zudem die nationale Tourismus-Strategie „Tourism Scotland 2020“. Davon sollten gerade die strukturschwachen ländlichen Regionen wie auf den Inseln vom Tourismus profitieren.

Zum Glück ist Schottland groß und vielerorts merkt man nicht so sehr, wie viele andere zeitgleich in diesem wunderschönen Land unterwegs sind.

Loch Awe und Ardchonnel Castle

An der Ostseite des wenig bekannten aber 37 km langen Loch Awe rolle ich von Süd nach Nord und stoppe auf der Höhe einer kleinen Insel. Diese beherbergt wahrscheinlich schon seit dem 13. Jahrhundert Ardchonnel Castle, welches aber schon seit Jahrhunderten dem Verfall preisgegeben ist und stark zugewachsen.

Wirtschaft Schottland

Neben dem Tourismus sind die Ölförderung, die Whisky-Produktion, die erneuerbaren Energien und dann die Landwirtschaft samt Jagd-Tourismus die treibenden Wirtschaftssektoren in Schottland.

Die Landverteilung in Schottland ist wohl höchst ungerecht: Laut einer auf Wikipedia zitierten Quelle von 2009 gehören 10 % Schottlands allein 18 Personen. Diese Ungleichheit geht wohl zurück auf das 16. Jahrhundert, als die Ländereien der Kirche unter den mächtigsten Adligen aufgeteilt wurden. Es gab Initiativen dies zu ändern aber wie weit diese gekommen sind, habe ich nicht weiter recherchiert.

Loch Lomond

Langsam werden die Straßen wieder reichlich voll. Ich nähere mich Loch Lomond. Dieser ist mit seinen 71 Quadratkilometern der flächenmäßig größte See der Insel Großbritannien. Zudem ist er ein beliebtes Reiseziel auch für die Briten und bietet bei gutem Wetter entsprechendes Urlaubsflair, dass mich jedes Mal ein wenig an Italien erinnert.

Devil's Pulpit

Nahe Glasgow hatte ich noch eine, wie ich finde, besondere Sehenswürdigkeit recherchiert: „Devil’s Pulpit“ also die „Teufelskanzel“.

Der Finnich Glen hat eine tiefe Schlucht mit steilen Wänden in die Landschaft gespült. Hier soll der Teufel zu seinen Jüngern gesprochen und Druiden wilde Rituale abgehalten haben. Mit seinem fast roten Wasser und den grünen Pflanzen überall ist dies in jedem Fall ein ganz besonders mystischer Ort.

Der Abstieg ist steil und mit Vorsicht zu genießen, aber der Anblick lohnt sich.

Glasgow

In Glasgow bin ich einigermaßen platt und schaue mir lediglich die St. Mungo’s Cathedral an, die in direkter Nachbarschaft zur Unterkunft liegt. Die Kathedrale wurde im 13. Jahrhundert erbaut und nach dem ersten Bischof von Glasgow benannt.

Neben einem kurzen Abendessen bleibt mir leider nicht viel mehr Zeit in Glasgow. Wirklich schade, die Stadt hätte noch mehr Dinge zu bieten, die mich interessieren. Die Zeichen sprechen dafür, dass ich mindestens noch einmal nach Schottland fahren sollte.

Um die Stadt und ihren Speckgürtel zu verlassen, schwinge ich mich zunächst kurz auf die Autobahn. Danach geht es auf mal mehr mal weniger beschaulichen Landstraßen langsam, aber sicher Richtung Südosten. Ich habe versucht mir einen Straßenmix herauszuarbeiten, die mich rechtzeitig an der Fähre ankommen aber nicht nur geradeaus fahren lassen.

Offroad

Dann führt mich meine Tourplanung noch auf den letzten Kilometern in Schottland auf eine kleine Offroad-Passage. Das hatte ich so gar nicht auf dem Schirm macht aber schon Spaß, es war ja auch ein schönes Fleckchen und gutes Wetter. Allerdings mit Passagier und drei Koffern bin ich dann doch eher gemäßigt unterwegs. Zudem steht mein erstes Offroad-Fahrtraining erst nach meinem Schottlandtrip im Kalender.

Schottlands Grenze

Die schottisch-englische-Grenze passiere ich lediglich im Vorbeifahren und winke zum Abschied. Bald darauf geht es schon wieder zurück auf die Fähre. Da sehnt man sich eine Tour so lange herbei, recherchiert und plant. Dann geht es endlich los und einen Wimpernschlag später ist die Tour auch schon so gut wie vorbei.

Fähre und Abschied

Die Fähre ist wie schon auf der Hinfahrt mächtig gefüllt und die Motorräder parken dicht an dicht und man kann sich selbst kaum durch die Reihen zwängen. Mit Gepäck macht das richtig Spaß und auch das Abspannen des Motorrads ist nicht so einfach bei so wenig Raum.

Mensch und Technik ist nichts passiert, alle sind wohlbehalten wieder zurück auf der Fähre: Da fallen tatsächlich auch immer ein paar Sorgen von mir ab. Mit einem Bier und ein paar Chips schaue ich mir tiefenentspannt an, wie unsere Fähre den Hafen von Newcastle verlässt. Ich freue mich auf das reichhaltige Buffet samt ein, zwei weiterer Bier. Die Wetterprognose prophezeit eine ruhige Überfahrt. Was will man mehr?

Die Autobahnfahrt zurück nach Deutschland könnt ihr euch lebhaft auch ohne meine Beschreibung vorstellen, daher erspare ich euch das.

Ich freue mich, dass ihr mich auf YouTube, den anderen Social-Media-Kanälen oder hier begleitet habt.

Gebt mir gerne über YouTube oder via E-Mail Feedback und schaut gerne wieder rein. Macht es gut!

Lust auf mehr?

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Entlang der Küste – Stürmische See und sanfte Hügel https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-3/ Fri, 01 Sep 2023 15:26:30 +0000 https://ride4awhile.com/?p=1015

Motorradtour Schottland (3/4)

Entlang der Küste - Stürmische See und sanfte Hügel

Entlang der rauen Westküste Schottlands folge ich in diesem Teil oft der Küstenstraße NC500 (North Coast 500). Dabei mache ich Station in Gairloch, fahre über die Halbinsel Applecross und überquere den Bealach-na-Bà-Pass. Dann bleibe ich für zwei Nächte in Dornie nahe eines von Schottlands beliebtesten Fotomotiven: Eilean Donan Castle.

Abschied von Bettyhill

Der Aufbruch in Bettyhill fällt schwer. Ob man einen Ort in seinem Leben noch einmal wiedersehen wird, dass weiß man nie wirklich. Ich habe nun schon zum zweiten Mal das Glück diesen Ort besuchen zu dürfen. Ich stehe extra morgens um 6 Uhr auf, um mir vor dem Frühstück den Aussichtspunkt auf die Farr Bay anzuschauen, der mich schon vor fünf Jahren so beeindruckt hat. Schau dir gerne das Video, um zu verstehen was mich hier beeindruckt hat.

Nach dem Frühstück fahre ich auf der NC500 südwärts und genieße den Blick auf die raue zerklüftete Landschaft der Westküste. Strahlender Sonnenschein, Schäfchenwolken und spiegelglatte Seen begleiten mich heute.

Schottlands Wildnis

Wer die teils menschenleeren Gegenden in Schottland sieht, könnte meinen, dies sei unberührte Natur. Leider könnte man kaum falscher liegen. „Caledonia“, die lateinische Bezeichnung der Römer für Schottland, heißt so viel wie Wald auf den Höhen. Das lässt schon erahnen, dass es hier einmal ganz anders ausgesehen hat. Schon seit der Steinzeit siedeln hier Menschen und die holzten im großen Maßstab die gigantischen Waldflächen ab, um Feuerholz zu gewinnen, Holzkohle zu produzieren, Eisen zu verarbeiten oder ganze Schiffsflotten zu bauen.

Die weiten Steppen, die mit Heide oder gelbem Stechginstern bewachsen sind, werden von den zahllosen Schafen und hohen Rotwildbeständen weitgehend von Bäumen freigehalten, da jeder aufkeimende Baum umgehend gefressen wird. Die hohe Dichte an kapitalen Hirschen ist zudem auch kein Zeichen für eine intakte Natur. Sie werden hier herangezüchtet für den äußerst lukrativen Jagdtourismus.

Dennoch gibt es auch starke Naturschutzbemühungen der Schotten in Nationalparks die verbliebenen Baum- und Wildtierbestände zu schützen und auszubauen. Die Artenvielfalt rund um Steinadler, Moorhuhn, Otter und Wildkatze und Co. soll so eine Zukunft ermöglicht werden. Auch um die Gewässer ist es vergleichsweise gut bestellt: Schottland zählt 200 Lachsflüsse, die zum größten Teil als unverschmutzt gelten.

llt Chranaidh Waterfall

Der auch als „Wailing Widow Falls“ bekannte Wasserfall ist nicht weit entfernt von der NC500 und kann nach einem kurzen Fußweg von unten oder oben betrachtet werden. Je nach Wetter kann der Weg aber eine kleine Rutschpartie werden. Trittsicherheit ist in jedem Fall empfehlenswert.

Der 30 Meter hohe Wasserfall verdankt seinen Beinamen einer Legende. Demnach stürzte ein Jäger bei nebligem Wetter hier in den Tod und seine Leiche wurde von seiner Frau hier entdeckt, eben der weinenden Witwe.

Motorradtour Schottland: Für Anfänger geeignet?

Das Motorradfahren hier empfinde ich übrigens meist als äußerst meditativ und ich kann Schottland auch Motorradanfängern als Reiseziel empfehlen. Die Straßen sind oft gut ausgebaut und der Straßenbelag ist meist sehr rau und auch bei Nässe entsprechend griffig.

Dazu kommt, dass man nicht andauernd auf sein Navigationssystem schauen muss. Gerade in den Highlands gibt es oft gar nicht so viele Abbiegemöglichkeiten, dass man aus Versehen mal eine verpassen könnte.

Die Single Track Roads, also die einspurigen Straßen sind oft ein Zeichen dafür, dass es Gott sei Dank nicht so viel Verkehr gibt. Ist doch Mal jemand vor oder auch hinter einem, der eine andere Reisegeschwindigkeit bevorzugt, nutzt man die „Passing Places“. Als Motorradfahrer wird man meist an so einem Ausweichpunkt von vor einem fahrenden Fahrzeug vorbei gewunken. Habe ich jemandem im Rückspiegel, der es eiliger hat, halte ich kurz an einem „Passing Place“ und winken ihn oder sie vorbei.

Kommen sich zwei Fahrzeuge entgegen, wartet der, der am nächsten an einem „Passing Place“ dran ist. Oft warten Autos, Lastwagen und Camper aber auch und signalisieren einem auf dem Motorrad, dass man weiterfahren kann und sie einen durchlassen.

Beim Thema Linksverkehr kann man schwer pauschalisieren. Ich komme mit dem Wechsel auf den Linksverkehr meist gut klar. Mit dem Motorrad nochmal deutlich besser als mit dem Auto.

Etwas schwieriger sind der Stadtverkehr und die vielen Kreisverkehre hier. Insgesamt fahren die Einheimischen zuvorkommend und verzeihen Ausländern auch mal ihre Unerfahrenheit und gewähren Vorfahrt, wo man keine hat.

Häufiger, als dass ich mich im Linksverkehr vertue, passiert mir das, wenn ich zurück in Deutschland bin. In einem unkonzentrierten Moment muss ich kurz am Kreisverkehr überlegen, wie rum ich nun hineinfahren muss.

In Gairloch liegt mein Hotel noch näher am Meer als schon in Bettyhill. Ich muss nur einmal die Straßenseite wechseln. Das Hotel ist deutlich darauf ausgelegt, die Urlauber in organisierten Busreisen abzufertigen, aber das tut der Qualität keinen Abbruch. Einfach an der Rezeption nach den Essenszeiten der Reisegruppen erkundigen und diese dann im hoteleigenen Restaurant vermeiden, und man hat Ruhe und Frieden.

Am nächsten Tag geht es für einen kurzen Stopp an die schottischen Victoria Falls, nicht zu verwechseln mit ihrem großen Vorbild in Afrika. Die Victoria Wasserfälle des Sambesi an der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia gehören zum Weltnaturerbe der UNESCO und dürften nochmal deutlich beeindruckender sein. Immerhin gibt es eine thematische Verbindung: Die Wasserfälle in Afrika wurden von einem Schotten für die Europäer entdeckt, dem Missionar und Afrikareisenden David Livingstone. Nach ihm benannt ist auch die Stadt, die auf der Seite von Sambia an den Wasserfällen liegt.

Applecross und der Bealach-na-Bà-Pass

Eines der Ziele, das die meisten Schottland-Reisenden auf der Liste haben, ist sicherlich die Halbinsel Applecross. Dort, wo der Fluss Applecross in die Applecross-Bucht mündet und wo die meisten Leute dann einfach an einer Häuserreihe an der Shore Street halten, fragt sich vielleicht mancher: Was ist denn nun Applecross und was das hier alles mit Äpfeln zu tun?

Nun, es ist kompliziert: Eigentlich wird eben die gesamte Halbinsel Applecross genannt. Der Name wird heute häufig für die kleine Siedlung direkt am Wasser benutzt. Der Name ist schon rund 1300 Jahre alt und leitet sich vom piktischen Namen“ Aporcrosan“ ab. Das bedeutet wohl so viel wie „Zusammenfluss des [Fluss] Crossan“. Er hat also nichts mit Äpfeln zu tun.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert war Applecross nur per Boot erreichbar. Später über die legändere Bealach-na-Bà-Passstraße, die damals zu einer der schwierigsten Straßen Schottlands zählte. Über den Pass fahre ich auch, aber ich komme zuerst von Norden von der Küstenstraße über Torridon. 

Die Häuserreihe an der Küste selbst ist einigermaßen unspektakulär, aber wegen ihrer berühmten Lage ist die Gastronomie gut besucht. Auch ich kann nicht anders und stelle mich an für einen Kaffee und einen klebrig süßen Brownie.

Anschließend verlasse ich die Applecross Halbinsel über die berühmt berüchtigte Bealach-na-Bà-Passstraße. Bealach-na-Bà heißt dabei so viel wie Viehpass und steigt auf 626 Meter an. Sowohl was die Höhe anbelangt als auch die Anzahl der Serpentinen, kann es der Pass lange nicht mit den Alpenpässen aufnehmen. Trotzdem sind die baumlose Landschaft und die Aussicht einen Blick wert.

Eilean Donan Castle

Der Tourtag und dieser dritte Reisebericht enden für mich am Eilean Donan Castle beziehungsweise im nahegelegenen Dornie, wo ich zwei Nächste bleiben werde.

Eilean Donan Castle ist sicher eines der meistfotografierten Schlösser in Schottland und ganz Großbritannien. Strategisch günstig liegt es an drei Seen auf einem Felsen, der eigentlich nur bei Ebbe erreichbar war. Heute kommt man auch bei Flut über eine steinerne Brücke trockenen Fußes zum Schloss. Ich genehmige mir hier eine Besichtigung, einen Cappucino und ein Stück saftigen Karottenkuchen im Visitor Center, bevor ich meine Unterkunft beziehe.

Nachdem das Schloss selbst für Besucher geschlossen hat, komme ich noch einmal her, um den Anblick in Ruhe zu genießen. Nach den offiziellen Öffnungszeiten kommt man nämlich nicht mehr in das Schloss, aber sehr wohl auf die kleine Insel, auf der das Schloss steht und das ist wirklich empfehlenswert. Nur sehr wenige Menschen sind dann hier und man kann diesen schönen Platz richtig genießen. Es sei denn, es ist windstill. Dann teilt man sich diese Kulisse mit Milliarden von Midges. Diese kaum zwei Millimeter großen Mücken beißen einen zur Verzweiflung, also unbedingt Insektenschutz der Wahl auch mit ins Schottland-Reisegepäck!

Eilean Donan Castle ist der Sitz des Clan McCrae. Die Ursprünge der Burg stehen hier schon seit über 800 Jahren. So wie sie heute dort steht, wurde sie erst im 20. Jahrhundert wieder hergestellt von den McCrae’s. Die Burg ist wahrscheinlich dem ein oder anderen von euch bekannt aus dem Film „Highlander“ oder auch aus James-Bond „Die Welt ist nicht genug“ mit Pierce Brosnan als James Bond.

Im nächsten und letzten Teil meines Reiseberichtes geht dann auf die Insel Skye und langsam aber sicher heimwärts. Bevor ich auf die Fähre rolle, mache ich noch Station in Oban und Glasgow: Schaut also gerne wieder vorbei!

Lust auf mehr?

Hier geht es zum vierten und letzten Teil zu meiner Motorradtour durch Schottland. Schon jetzt genug von Schottland? Wie wäre es dann mit einem Ausflug ins Weserbergland? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Auf den Spuren der Weserrenaissance (1. Teil)

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Der Ruf der Highlands – Wildnis, Whisky und ein Schloss https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-2/ Fri, 25 Aug 2023 15:22:42 +0000 https://ride4awhile.com/?p=979

Motorradtour Schottland (2/4)

Der Ruf der Highlands - Wildnis, Whisky und ein Schloss

Die Speyside und Highlands sind Schauplätze im zweiten Teil des Reiseberichtes von meiner Motorradtour durch Schottland. Durch die wichtigste Region der weltweiten Whiskyproduktion und vorbei am Loch Ness geht es bis nach Inverness und dann in einem zweiten Schlag einmal quer durch die Highlands bis an den nördlichsten Punkt meiner Schottlandreise.

Schottlands raue Vergangenheit

Die raue und wilde Landschaft Schottlands ist schon fast sprichwörtlich. Und rau war das Land wohl schon immer. So sicherten die Römer sich mit dem Hadrianswall gegen sie Stämme im Norden ab, während sie England besetzten.

Etwa ab dem siebten Jahrhundert formte sich so etwas wie eine schottische Nation aus den vielen Stämmen in dieser Region. Immerzu gab es Auseinandersetzungen mit den Engländern im Süden.

Aber auch in Schottland selbst gab es immer wieder Konflikte. Beispielsweise durch Unstimmigkeiten der Adligen oder durch Missstimmungen zwischen den Bewohnern der Highlands und dem schottischen Hochadel weiter südlich. So starb in der schottischen Königslinie der Stuarts nahezu zwei Jahrhunderte kein Thronfolger eines natürlichen Todes.

Maria Stuart dürfte die bekannteste schottische Adlige überhaupt sein. Sie wurde bereits wenige Wochen nach ihrer Geburt die Königin Schottlands. Um sie zu schützen, brachte man sie nach Frankreich, dem Erzrivalen der Engländer. Hier wurde sie durch Heirat kurzzeitig auch Königin Frankreichs, musste aber nach dem frühen Tod ihres Mannes wieder nach Schottland. Die Franzosen hatten Maria Erbansprüche an den englischen Thron attestiert. Englands Königin Elizabeth I gefiel das naturgemäß nicht und obwohl sich die beiden Frauen nie persönlichen trafen, verband sie wohl nur die Feindschaft zueinander. 19 Jahre ihres Lebens verbachte Maria schließlich in Gefangenschaft von Elizabeth I und wurde letztlich hingerichtet. Bis heute wird Maria Stuart in Schottland noch von vielen Menschen geehrt. Im Jahr 1707, rund 150 Jahre nach Maria Stuarts Hinrichtung, ging die schottische Krone dann endgültig im englischen Königshaus auf.

Ein winziger Ausschnitt aus der schottischen Geschichte, aber auch das interessiert mich an den Regionen, die ich mit dem Motorrad bereise.

Diese Region kennt jeder Whiskey-Freund

Die weißen, mal mit dunkler Färbung bedachten Schäfchenwolken wandern gemächlich über den Himmel. Ich surfe über die noch zweispurigen Straßen, die sich sanft an die Hügel schmiegen.

In der Speyside, also der Region am Fluss Spey, sind so viele große Single Malt Namen vertreten, dass man das Motorrad hier fast von Destille zu Destille schieben könnte. Das sollte man denn auch, wenn man wirklich mehr als eine anschauen möchte. Um die 50 Whisky-Destillerien gibt es hier: Glenlivet, Macallen, Tomatin, Glenfiddich u. v. m.; solche Namen sind hier an nahezu jeder Kreuzung ausgeschildert: Das Mekka von Whisky-Fans weltweit.

Ich steuere die Glenfiddich Destillerie an, da es hier zumindest 2018 noch ein kleines Besucher Café gab und es die richtige Zeit für eine Pause war. Zwar gibt es noch den Shop aber das Café wurde wegrationalisiert. Für Geschäftspartner brauche man mehr Besprechungsräume und so musste das Café leider weichen. Der Shop-Mitarbeiter, der mich ansprach („What motorcycle do you ride?“), lieferte nicht nur die Erklärung, sondern auch gleich eine Lösung: In Dufftown gäbe es dieses „lovely little Café“. Er rief sogar dort an, um sicher zu gehen, dass noch ein Tisch für uns frei ist.

Ich hätte auch Pech haben und hier auf eine Touristenfalle hereinfallen können aber das Glassworks in Dufftown fällt absolut nicht in diese Kategorie. Ich werde schon erwartet und einer der wenigen kleinen Tische ist schon reserviert. Wir sind hier eindeutig unter Einheimischen und werden begrüßt und aufgenommen, als gehörten wir zur Dorfgemeinschaft. Ein Café, in dem man auch Bilder und Handarbeiten von Künstlern aus der Region erwerben kann.

Loch Ness und die Jagd nach ihr wisst schon wem

Auf der kleinen B9102 auf der nördlichen Seite des Spey, oft nah am Fluss entlang, geht es westwärts. Ich fahre dann auf kleinen Single Track Roads an das Südostufer von Loch Ness. Der bekannteste See Groß Britanniens ist lediglich 1,5 km breit aber 37 km lang. Die tiefste Stelle, in der sich Nessi hier verstecken könnte, sind es 230 m. Im Loch Ness ist damit mehr Wasser als in allen Seen von England und Wales zusammen. Besser ausgebaut ist die zweispurige A82 am Nordwestufer des Sees. Hier gäbe es auch die Ruinen des Urquhart Castle zu besichtigen. Den Weg kenne ich aber schon und kleine Straßen haben eben auch ihren Reiz.

Längs des Loch Ness über verschiedene Kanäle und zwei weitere Seen ist es übrigens möglich mit dem Schiff einmal diagonal durch Schottland durchzufahren. Dieser so genannte Great Glen verbindet den Atlantik mit der Nordsee. Die als Caledonian Canal bekannte Wasserstraße ist dabei nur 97 Kilometer lang.

Auf einen Spaziergang in Inverness

In Inverness, der Hauptstadt der Highlands, gibt es noch einen kleinen Rundgang durch die Stadt. Zuerst geht es dabei in die neugotische Inverness Cathedral aus dem Jahr 1869. Gerade als wir dort sind, probt ein Kinderchor, was der riesigen Kirche eine ganz besondere Stimmung gibt. Weiter ging es durch die Fußgängerzone und die Überdachte Einkaufspassage The Victorian Market aus dem 19. Jahrhundert. Hier gibt es kleine Souvenirgeschäfte, Cafés und Restaurants. Zurück auf die andere Seite des Ness ging es über die Fußgängerbrücke Greig Street Bridge. Im Jahr 1886 gebaut, schwingt sie bei jedem Schritt mit und verlangt einem einen kleinen Vertrauensvorschuss in die Konstruktion ab.

Bevor es am nächsten Tag quer durch die nördlichen Highlands geht, mache ich einen Stopp am Dunrobin Castle. Das heutige Äußere des Schlosses ist im französischen Stil gehalten und stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ebenso entstanden die Gartenanlagen zu dieser Zeit. Sie sind denen von Schloss Versailles nachempfunden. Der Garten wurde vom Architekten Sir Charles Barry gestaltet. Aus seiner Feder stammt auch der Palace of Westminster mit seinem markanten Glockenturm, also das Parlamentsgebäude in London.

Die einsame Seite der Highlands

Wenig später bin ich dann endlich da: Auf den einsamem Single Track Roads der nördlichen Highlands. Der Blick kann in die Ferne schweifen und wird nicht schon nach wenigen Metern schon wieder eingefangen. Ich weiß schon: Innerer Frieden heißt so, weil er idealerweise in einem selbst liegt bzw. hier seinen Ursprung hat. Aber wie auch immer man es nennen möchte, die Highlands machen etwas mit einem.

Am Loch Naver auf der B873 stelle ich das Motorrad einfach am Straßenrand der Single Track Road ab und mache eine Pause an diesem ruhigen See mitten im Nirgendwo.

Die Single Track Roads hier oben haben so ihre Tücken: Zum Beispiel zahllose Schafe und Lämmchen, die oft gefährlich nah an oder auf der Straße stehen. Das kann einem aber auch mit schottischen Hochlandrindern oder Rothirschen passieren.

Man sollte in jedem Fall aufmerksam sein, wenn man ein „Cattle Grid“ also ein Weidegitter überfährt. Dann muss man jederzeit mit Nutztieren auf der Straße rechnen.

Wie sind die Straßen in Schottland?

In Schottland, wie auch im restlichen Groß Britannien gibt es meist drei Straßenkategorien: M sind Motorways, vergleichbar mit den Autobahnen in Deutschland. Straßen, die mit A gekennzeichnet werden, sind überregionale und gut ausgebaute Hauptverkehrsachsen. Straßen der Kategorie B sind eher kleinere regionale Verbindungsstraßen.

Bei der Planung habe ich versucht möglichst oft Straßen der Kategorie B zu wählen. Diese sind eben oft klein, recht einsam und mäandern wundervoll durch die Landschaft. Schlaglöcher, Schmutz auf der Fahrbahn und nicht immer geschlossene Asphaltdecke, muss man dabei allerdings in Kauf nehmen. Ich mag solche Gegenden sehr und meine Triumph Tiger 800 XC und ich kommen damit gut zurecht. Ich kann mir vorstellen, dass es mit anderen Motorradtypen anstrengender ist auf solchen Straßen.

Endlich ein Wiedersehen mit Bettyhill

Als ich dann an der Küste ankomme, folge ich der A836, die hier zur Themenstraße NC500 gehört, nach Westen. Ich übernachte in meinem Sehnsuchtsort Bettyhill. Gerade als ich meinen Tank an einer der beiden Zapfsäulen im Ort gefüllt habe, setzt Regen ein. Bis zu meinem Hotel sind es aber keine 200 m mehr.

Lust auf mehr?

Wieso Bettyhill ein Sehnsuchtsort für mich ist?
Da ist zum einen der Charm dieses kleinen exponierten Ortes mit einem epischen Blick auf den meist menschenleeren, riesigen Torrisdale Beach. Zudem ein versteckter Aussichtspunkt (der sich langsam rumzusprechen scheint) von dem aus man in die wilde und ursprüngliche Farr Bay schauen und den tosenden Gezeiten zuschauen kann. Schaut euch gerne die Tourvideos an: Die Bilder zeigen hoffentlich besser, was ich nur schwer erklären kann. Schon bei meinem ersten Besuch hier 2018 ist es um mich geschehen.

Hier findest du den zweiten von vier Teilen zu meiner Schottlandreise. Wie wäre es alternativ mit einem Ausflug in die Holsteinische Schweiz? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz

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Scotland is calling – Der Charme Edinburghs und die ersten Kilometer https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-1/ https://ride4awhile.com/motorradtour-schottland-teil-1/#comments Fri, 18 Aug 2023 17:05:00 +0000 https://ride4awhile.com/?p=906

Motorradtour Schottland (1/4)

Scotland is calling - Der Charme Edinburghs und die ersten Kilometer

Endlich ist es so weit, meine lang ersehnte Motorradreise nach Schottland beginnt. In diesem ersten von vier Reiseberichten möchte ich von meiner Anreise mit der Fähre von Amsterdam nach Newcastle und den ersten Kilometern auf britischem Boden berichten. Außerdem erkunde ich zu Fuß die schottische Hauptstadt Edinburgh, tauche dann ein in das Abenteuer des Tourenfahrens und erkunde die ländlichen Regionen, bis zu meiner urigen Unterkunft in Ballater.

Mein Motorradabenteuer Schottland beginnt

Für die Anreise habe ich mich entschieden, die Fähre von IJmuiden bei Amsterdam nach Newcastle upon Tyne in England zu nehmen. Entspannt spule ich etwa 400 Kilometer Autobahn bis zum Fähranleger ab und träume schon von den kleinen und menschenleeren Straßen der Highlands.

Ich habe zwölf Tage für meine Motorradtour in Schottland eingeplant, inklusive der An- und Abreise mit der DFDS-Fähre von Amsterdam nach Newcastle. In Großbritannien werde ich dabei etwa 2.400 Kilometer zurücklegen. Den Großteil davon selbstverständlich in Schottland aber da Newcastle selbst in England liegt, lege ich eben auch einige Kilometer in England zurück.

Nach etwa 17 Stunden Überfahrt spuckt mich die Fähre wieder aus und ich darf die Einreiseprozedur am Zoll genießen –Brexit sei Dank. Die Zollbeamten sind zwar sehr nett und tiefergehend kontrolliert werden die Motorräder auch nicht aber da lediglich zwei Zollbeamte alle Fahrzeuge abfertigen dauert es halt eine ganze Weile. Immerhin regnet es nicht. Da man in einer langen Schlange im Freien wartet, wäre die Stimmung sicherlich sonst schnell im Keller und der Reisepass zu Pappmaché verquollen.

Die schwierigste Umstellung, wenn man Linksverkehr fahren soll? Für mich klar der Kreis- oder Stadtverkehr. Da trifft es sich gut, dass man hinter der Zollschranke erstmal sechs (!) Kreisverkehre passieren darf, bis man auf der Schnellstraße stadtauswärts fahren kann.

Bamburgh Castle

Damit mir die knappen 200 Kilometer nach Edinburgh nicht zu lang werden, schwinge ich mich zwischendurch über einige heckenumsäumte Landsträßchen nach Bamburgh Castle. Wer von euch die Netflix Serie „The last Kingdom“ kennt, wird diese Burg hier vielleicht unter dem Namen „Bebbanburg“ kennen. Das ist die Burg, die dort Uhtred von Bebbanburg gehört und die er versucht in der Serie zurückzuerobern.

Das Schloss hat auch in der Realität eine gewaltvolle Geschichte und war nahezu dauerhaft Kriegsschauplatz und Befestigungsanlage: Engländer, Wikinger und Schotten vergossen an diesem heute so beschaulichen Ort in vergangenen Jahrhunderten viel Blut. Die imposant an der Küste gelegene Anlage wurde erstmals im Jahr 547 erwähnt.

Wenig später rolle ich wieder auf der Schnellstraße über die schottische Grenze und bilde mir ein, dass die Landschaft abseits der Straße direkt etwas dramatischer und mystischer geworden ist.

Ankommen in Edinburgh

Nachdem in Edinburgh die Unterkunft bezogen ist, geht es noch in die kleine Stadt, die über der Stadt thront: Edinburgh Castle. Ich habe für den vorletzten Eintrittszeitslot Karten im Internet vorgebucht. Der Touristenmagnet ist daher schon schön leer. Die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Schottlands beheimatet unter anderem die schottischen Kronjuwelen, das National War Museum und den „Stone of Destiny“. Ein Besuch ist Pflicht wobei für mich die Lage und der Ausblick noch am beeindruckendsten an der Anlage sind.

Der Gastgeber an der Unterkunft, dem Ashgrove House, ist sehr um die Sicherheit unseres Motorrads besorgt, das auf dem Parkplatz vor dem Bed and Breakfast abgestellt ist. Für Motorräder hat er extra Metallanker in den Wänden verankert, an denen wir mit eigens dafür bereitgestellten Kettenschlössern die Motorräder zusätzlich anschließen sollten. Gerade die schottische Hauptstadt wird oft beschuldigt, dass hier gerne Motorräder gestohlen werden -besonders mit ausländischen Kennzeichen.

Dank weiser Voraussicht sind zwei Nächte gebucht und so ist noch ein ganzer Tag, um sich mehr aber bei weitem nicht alles von der Stadt anzuschauen. Einen großen Rundweg habe ich geplant und starte vor Edinburgh Castle. Statt in das Schloss schlenderte ich die Royal Mile abwärts mied sämtlichen Läden, die vermeintlich schottische Klassiker made in china feilboten. Die Royal Mile besteht eigentlich aus mehreren Straßen, die aber wie eine Straße wirkt. Wer vor dem Edinburgh Castle steht und immer bergab spaziert, bis er vor dem nächsten Schloss (Holyrood Palace) steht, ist goldrichtig. Im Zweifel ist es die Straße, auf der sich die meisten Touristen drängen. Wer das ausblenden kann und mag, kann sich an den zahlreichen gut erhalten historischen Bauwerken erfreuen. Im wahrsten Sinne herausragend ist sicher die St Giles’ Cathedral, die Hauptkirche der Church of Scotland. Das heutige vornehmlich gotische Gebäude entstand nach einem Brand 1385. Seit 1120 dürfte hier eine in ihrer Bedeutung vergleichbare Kathedrale gestanden haben.

Von der Royal Mile aus führen immer wieder kleinere Gassen, sogenannte Closes, ab. Es lohnt sich, hier und da einen Blick hineinzuwerfen, da sich liebevoll gestaltete Kleinode der Stille verbergen, wie zum Beispiel im Dunbar’s Close.

Am unteren Ende Edinburghs Zentralachse werfe ich einen Blick in das 2004 eröffnete schottische Parlament. Das kombiniere ich gleich mit einem Kaffee und einem großen Stück Karottenkuchen im Café im Inneren. Das moderne Gebäudeensemble sieht aus der Vogelperspektive nochmal deutlich spannender aus, als wenn man lediglich davorsteht. Der Architekt Enric Miralles verstarb leider schon im Jahr 2000 und konnte die Fertigstellung und Eröffnung nicht mehr miterleben.

Um mir die ganze Stadt fast aus der Vogelperspektive anschauen zu können, erklimme ich im Holyrood Park den Aussichtspunkt Arthur’s Seat. Der steile und schweißtreibende Aufstieg lohnt sich. Für ein besseres Panorama über die Stadt müsste man ein Fluggerät besteigen. Bis auf spärliche Gräser scheint die Vegetation hier nur aus Stechginster zu bestehen, der gerade jetzt in voller Blüte steht und halben Park in ein gelbes Blütenmeer verwandelt. Die Pflanze und ihr frühlingshafter Gelbton begleiten mich auf der gesamten Tour durch Schottland.

Nach dem Abstieg geht es noch schnellen Schrittes zum National Museum of Scotland, denn dieses schließt bald. Die kostenlose Ausstellung ist riesig und bietet eine Bandbreite, dass für jeden etwas dabei sein wird. Das Skelet eines Tyrannosaurus Rex nebst diverser weiterer lebensgroßer Tierplastiken, das ausgestopfte Klon-Schaf Dolly, eine Raumfahrtausstellung, das alte Ägypten, eine Ausstellung zur Mode im Verlauf der letzten Jahrzehnte, natürlich eine Ausstellung zur Geschichte Schottlands und vieles mehr. Ich hetze leider in einer Stunde etwas ziellos durch die Ausstellung aber hier könnte und sollte man spielend mehrere Stunden zubringen können.

Nah am Museum mache ich noch Greyfriars Bobby meine Aufwartung. Die Geschichte um Greyfriars Bobby ist zu rührend um komplett wahr zu sein: Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts hatte der Polizist John Gray einen Skye Terrier namens Bobby. Nach dem Tod des Polizisten und seiner Beisetzung auf dem Friedhof der Greyfriars Kirche, wachte der Hund bis zu seinem eigenen Tod am Grab seines Herrchens. Er unterbrach seine Wacht lediglich für die Mahlzeiten, die ihm die nahegelegene Gaststätte bereitete. Nach seinem Ableben wurde er heimlich bei seinem Herrchen beigesetzt.

Ab aufs Land

Weiter geht es auf dem Motorrad. Nächster Stopp ist das 67 Meter hohe Wallace Monument, welches seit 1869 auf einer Anhöhe bei Stirling thront. Es wurde errichtet im Gedenken an den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Der wurde beispielsweise in dem Film Braveheart von Mel Gibson verkörpert, der die Besucherzahlen des Museums hier verdreifacht haben soll.

Hinter Stirling schrumpfen Fahrbahnbreite und Kurvenfrequenz auf der geplanten Route. Eine sonnendichte Wolkendecke hat sich am Himmel verankert, aber will glücklicherweise ihre Regenfracht nicht mit mir teilen.

Die malerische Edradour Destillerie habe ich als POI fest eingeplant. Anders als bei meinem letzten Besuch im Jahr 2018 ist sie leider nicht mehr für Besucher geöffnet und man kann sie nur noch vom Werkstor aus bewundern. Mit den weiß verputzten Wänden, den roten Türen und Fensterläden und dem namensgebenden Edradour Burn, der zaghaft durch das Gelände rieselt, dürfte sie Destille dennoch zu den hübschesten in Schottland zählen.

Wenig später rückte ich mich selbst gerade für ein Foto in Pose auf einer dieser urigen alten Steinbrücken, als einige Meter weiter ein Auto hielt. Ich dachte schon, ich würde hier einem Farmer die Zufahrt zu seiner Weide o. ä. blockieren und stellte mich innerlich darauf ein, mich zu entschuldigen und die Brücke zu räumen. „Ah, ich hätte wetten können, dass ihr aus Deutschland seid!“ begrüßte mich der bestimmt 70-jährige Herr in gutem Deutsch mit kantigem aber warmen schottischen Akzent. Als junger Mann, sei er in Deutschland stationiert gewesen, er habe Freude bei Nienburg, war früher öfter dort und spreche daher etwas deutsch (eine Untertreibung). Wir schnacken einige Minuten. Als er fährt, hinterlässt er mich einmal mehr begeistert von der schottischen Offenheit und Freundlichkeit.

Weiter geht es auf einer echte Panaromastraße, der A93, durch den Cairngorm National Park und über den gleichnamigen 670 Meter hohen Pass. Klingt von der Höhe wenig spektakulär, aber tatsächlich steht auf der Passhöhe sogar ein Skilift. Ich mache einen Stopp am Aussichtspunkt Devil’s Elbow und genieße den weiten, menschenleeren Ausblick. Lediglich eine kleine Hirschherde zieht in einiger Entfernung durch die baumlose Steppe, die schon einen Vorgeschmack gibt auf die Highlands.

Der Aussichtspunkt Devil’s Elbow geht zurück auf frühere Zeiten. Bevor die Straße in den 1960er Jahren umfassend ausgebaut wurde, gab es hier Haarnadelkurven mit bis zu 17 % Steigung. Die Haarnadelkurven sind leider verschwunden, die kreative Namensschöpfung ist geblieben.

Balmoral Castle

Von Braemar geht es immer entlang am Fluss Dee. Auf der Strecke liegt somit auch Balmoral Castle, einer der offiziellen Sitze der britischen Königsfamilie. Da das Schloss der weitläufigen Königsfamilie vorbehalten ist, kann man hier nur den legendären Ballsaal besichtigen. In diesem Schloss verbrachte Königin Elisabeth II oft und mutmaßlich sehr gerne Ihre Sommerurlaube. Auf diesem Schloss verstarb sie auch am Nachmittag den 8. September 2022.

Die weitläufigen Außenanlagen können besichtigt werden und man kann sich gut vorstellen, wie schon unzählige Mitglieder der Königsfamilie hier am Fluss mit der Fliegenrute den Lachsen oder Forellen nachstellten.

Mein Tag endet im kleinen Örtchen Ballater. Dieser glänzt mit viktorianischer Architektur und ist eng verbunden mit den Royals, deren Schloss gleich um die Ecke liegt. Im ehemaligen Bahnhof kam ihrerzeit Queen Victoria an, wenn sie zu ihrem nur 14 Kilometer entfernten Schloss wollte. Ich nächtige hier ähnlich spektakulär in einer ehemaligen Kirche, die liebevoll mit einem Auge fürs Detail zu einem Bed & Breakfast umgebaut wurde (The Auld Kirk).

Lust auf mehr?

Hier findest du den zweiten Reisebericht meiner Schottlandreise. Oder wie wäre es stattdessen mit einem Ausflug in den Harz? Den passenden Artikel und die dazugehörigen GPX-Daten findet ihr hier: Harzreise erster Teil.

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Zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz https://ride4awhile.com/zur-rapsbluete-durch-die-holsteinische-schweiz/ Sun, 28 May 2023 06:43:11 +0000 http://ride4awhile.com/?p=740

Motorrad-Eldorado an der Ostsee

Mit dem Motorrad zur Rapsblüte durch die Holsteinische Schweiz

Kenner wissen es schon lange: Die Holsteinische Schweiz eignet sich bestens für eine Motorradtour: Nahe an der Ostsee hat die letzte Eiszeit sanfte Hügel in der Landschaft hinterlassen, die Straßenbauer mit vielen schmalen und schön geschwungenen Kurven veredelt haben. Rund 580 km habe ich eingeplant und mir dafür knappe drei Tage reserviert.

Motorradtour Schleswig Holstein

Mit ihren offenen Landschaften, sanften Hügeln und malerischen Seen bietet die Holsteinische Schweiz eine wundervolle Kulisse für eine Motorradtour. Die Straßen sind oft wenig befahren. Manche verlaufen entlang der Küste, andere durch dichte Wälder oder vorbei an weitläufigen Feldern, von denen der blühende Raps von April bis Mai mit gelbem Licht die Landschaft flutet. Hier kann man die Natur in vollen Zügen genießen und die Gedanken schweifen lassen.

Ich starte an einem noch kühlen Freitagmorgen mit einem kurzen Sprung auf der Autobahn bis in die gemütliche Hansestadt Lübeck. Am Wahrzeichen der Hansestand vorbei, dem 1478 erbauten Holstentor, lasse ich das Motorrad erstmal stehen und erkunde Fuß die Altstadt und statte dem europäischen Hansemuseum einen schon langen angedachten Besuch ab. Es gäbe noch viel mehr zu entdecken. Wer eine längere Anreise direkt mit einer ersten Übernachtung in Lübeck verbindet, dürfte das nicht bereuen.

Holsteinische Schweiz

Hinter Lübeck geht es nochmal recht flott Richtung Ostsee. An der Seebrücke Niendorf hole ich mir meine frische Ostseebrise zur Begrüßung direkt am Strand ab. Ich lasse meine Video-Drohne kurz aufsteigen aber hole sie schnell wieder zurück, als Silbermöwen mutmaßlich auf Abfangkurs gehen.

Auf dem Holsteiner Ocean Drive geht es durch Timmendorfer Strand und bis nach Scharbeutz auf gerader Strecke, aber hier gibt es am Wegesrand mit Luxushotels und Strand genug Ablenkung fürs Auge. Landeinwärts werden die Straßen dann schon motorradfreundlicher und auch der Verkehr nimmt ab.

Bad Segeberg durchfahre ich lediglich auf meinem Weg nach Plön. Das Thermometer dürfte vielleicht gerade auf 10 Grad kommen, meist ist es bewölkt und manchmal kommt noch etwas Nieselregen hinzu. Dem, im 17. Jahrhundert erbauten, Plöner Schloss statte ich daher nur einen kurzen, aber interessierten Besuch ab, bevor ich der Unterkunft entgegenfiebere: Der Landgasthof Kasch in Timmdorf ist für zwei Nächte meine Heimatbasis. Nach einer heißen Dusche kann hier der Tag bei Pannfisch (mehlierte oder auch panierte, gebratene Fischfilets) mit Bratkartoffeln und einem wohlverdienten Hefeweizen ausklingen.

Zweiter Tag

Am zweiten Tag strahlt die Sonne bei zwar niedrigen, aber soliden zweistelligen Temperaturen. Bei Sonnenschein ist die gefühlte Temperatur aber deutlich höher. Erster Halt wird Eutin. Das Schloss, der malerische Marktplatz, der Schlossgarten: Alles für sich würde den Besuch der Stadt schon rechtfertigen. In der Stadt, besonders um den Marktplatz herum, finden sich viele Gebäude spätklassizistischer Prägung. Auch Gebäudesubstanz, die noch vom Mittelalter berichten könnte, ist vorhanden. Die Seebühne ist leider abgesperrt, da sie derzeit komplett umgebaut wird. Mit der direkten See-Lage kann man sich aber problemlos vorstellen, dass Veranstaltungen hier ein ganz besonderes Flair bekommen.

Immer wieder durchschneiden die kleinen Sträßchen eine sanft gewellte Landschaft, die kilometerweit gelb leuchtet dank Milliarden von Rapsblüten, die den Bienen den Kopf verdrehen. Lediglich unterbrochen von grünen Baumtupfern verbreitet diese Energiepflanze großflächig gute Laune. Zwischen April und Mai wirkt dieser Zauber in Schleswig-Holstein.

Ganz andere See-Lagen erwarten mich, denn die nächsten Stationen haben direkten Ostsee-Kontakt. Grömitz, Fehmarn und Heiligenhafen bieten beste Ostsee-Urlaubskulisse und schöne Stopps aber die Hügel im Hinterland locken mich doch mehr.

Kleine und kleinste auch mal schroffe Asphaltbändsel, die von wenigen kleinen Orten (eher Siedlungen) unterbrochen werden, führen mich dann an den höchsten Punkt in Schleswig-Holstein: Dem Bungsberg. Die letzten Meter gehen über eine geschotterte Einbahnstraße und ich erreiche den Elisabethturm und eine Gaststätte. Perfekter Gipfel-Kaffee-Stopp, wenn auch nach serpentinenfreier Anfahrt.

Heimreise

Am letzten Tag meiner Tour begrüßt mich noch einmal herrlicher Sonnenschein mit Bilderbuch-Schäfchenwolken. Vorbei am Museums U-Boot und Marine-Ehrenmal in Laboe gibt es noch eine heißte Schokolade in Kiel und Blick auf die Fähren, die unermüdlich ihre Gäste nach Norwegen, Schweden oder Litauen tragen wollen. Manch bier-vergnügter Norweger bereichert das Straßenbild, ist doch die Tour nach Kiel ein, in mehrfacher Sicht, lohnender Wochenend-Tripp bei den Alkoholpreisen zuhause –ich gönne es ihnen.

Mit teils wenig erquickenden Streckenabschnitten arbeite ich mich Süd westwärts. Ab Itzehoe folge ich wieder auf kleinen Straßen dem verwundenen kleinen Fluss Stör bis zur Elbfähre Glückstadt-Wischhafen und wechsle hier die Elbseite.

Bei Osten habe ich noch einmal Glück und erwische die denkmalgeschützte Schwebefähre bei einer ihrer letzten Fahrten für diesen Tag. Wundervoll langsam und leise stellt sie seit 1909 den Fährverkehr zwischen Osten und Hemmoor sicher. Über die nahe Brücke geht es sicher schneller, aber wer war mit seinem Motorrad schonmal auf einer Schwebefähre?

Lust auf mehr?

Wer eine weitere An- und Abreise hat, kann wunderbar die Tour verlängern und sich noch das Alte Land anschauen. Nahezu zeitgleich mit der Rapsblüte findet dort nämlich die Obstblüte statt. Den passenden Artikel und die passenden GPX-Daten findet ihr hier: Zur Apfelblüte durchs Alte Land.

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Auf den Spuren der Weserrenaissance (3. Teil) https://ride4awhile.com/auf-den-spuren-der-weserrenaissance-3-teil/ Sun, 23 Apr 2023 16:15:55 +0000 http://ride4awhile.com/?p=726

Motorradtour durch das Weserbergland

Auf den Spuren der Weserrenaissance (3. Teil)

Der dritte und letzte Tag meiner Tour entlang der Straße der Weserrenaissance führt mich auf der östlichen Weserseite wieder langsam nach Norden, bevor ich über Hildesheim die Heimreise antrete. Weniger Schlösser, dafür eine Barockstadt und die letzte Ruhestätte des Dichters der deutschen Nationalhymne stehen heute auf dem Programm.

Mit dem Motorrad durch das Weserbergland

Sanft geschwungene Straßen, kulturelle Sehenswürdigkeiten wie die zahlreichen Altstädte oder auch die landschaftliche Schönheit mit sanften Hügeln und dichten Wäldern machen das Weserbergland zu einem abwechslungsreichen Reiseziel für Motorradfahrer. Die Straßen sind meist von guter Qualität und das Verkehrsaufkommen ist oft geringer als zum Beispiel im Harz.

Am letzten Tag der Tour fahre ich zunächst nach Hemeln, um mit der Fähre auf die andere Weserseite überzusetzen. Streckentechnisch macht das keinen besonderen Sinn, ich fahre einfach gerne mal mit der Fähre. Wer nicht gerade nach dem Frühstück hier ankommt, kann im Biergarten „Zur Fähre“ eine schöne Pause einlegen. Doch das Fährvergnügen bleibt mir verwehrt: Ein Schild weist mich darauf hin, dass die Fähre heute nicht fährt. Vielleicht wegen Niedrigwasser? Eine Erklärung bekomme ich nicht.

Also fahre ich die Weser wieder flussaufwärts und überquere sie über eine Brücke. Mein erster Stopp ist ein etwas versteckter Aussichtspunkt mit einem fantastischen Panorama.

Weser-Skywalk

Nahe dem Dreiländereck Nordrhein-Westphalen, Niedersachen und Hessen auf der östlichsten der Hannoverschen Klippen kann man mit einem wenige hundert Meter langen Fußmarsch die Aussichtsplattform Weser-Skywalk erreichen.

Wer lieber schon Cappuccino schlürfen möchte, wird schon in Sichtweite, am Fuße der hannoverschen Klippen fündig.

Bad Karlshafen

Die Barockstadt Bad Karlshafen hat vor einigen Jahren ihren alten Stadthafen mit einer Schleuse wieder schiffbar gemacht und bietet mit dem Rathaus die perfekte Kulisse für eine Rast.

Mein nächstes Ziel hat viel ältere Wurzeln als Barock oder Renaissance.

 

Schloss Corvey

Das 1.200 Jahre alte ehemalige Benediktinerkloster Corvey ist seit 2014 UNESCO-Weltkulturerbe und allein schon einen Besuch wert. Auch wenn es nicht direkt zur Weserrenaissance gehört, prägt es die Region seit Jahrhunderten. Hier liegt unter anderem Hoffmann von Fallersleben begraben, der Dichter der deutschen Nationalhymne. Er verbrachte hier seine letzten Lebensjahre als Bibliothekar.

Schloss Bevern

Das Schloss Bevern ist das letzte Bauwerk, das ich auf meiner Tour besuche. Es gehört zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Weserrenaissance und wurde von 1603 bis 1612 von Statius von Münchhausen an der Stelle eines alten Herrensitzes erbaut. Spannend finde ich, dass die Fassade des Gebäudes moderner und heller gestaltet ist als der Blick in den Innenhof.

Langsam aber sicher verlasse ich das Weserbergland. Am Roten Berg kurz vor Hildesheim genieße ich noch einmal die Serpentinen, bevor ich bei Hildesheim auf die Autobahn auffahre, um schnell nach Hause zu kommen.

Hildesheim

Wer einen weiteren Heimweg hat als ich, kann in Hildesheim eine Zwischenübernachtung einlegen. Mit den UNESCO-Weltkulturerbestätten Dom und Michaeliskirche, dem tausendjährigen Rosengarten und der Altstadt kann man hier auch mehr als einen Nachmittag verbringen. Da ich aber in der Gegen aufgewachsen bin und mich hier gut auskenne, verzichte ich auf weitere Besichtigungen.

Damit ist meine Tour auf den Spuren der Weserrenaissance beendet. Wie so oft hätte ich noch ein paar Tage länger in der Gegend bleiben können. Für diejenigen, denen das Thema Weserrenaissance nicht so wichtig ist, oder die noch andere Zwischenstopps suchen, möchte ich diese noch empfehlen: Die Altstadt von Rinteln, Bad Pyrmont, Bodenwerder, das Motorradhotel und Motorradtreff „Die Tonenburg“, Höxter oder Hameln.

Lust auf mehr?

Jetzt vielleicht einmal in den hohen Norden der Republik? Dann komm mit zur Obstblüte ins Alte Land oder zur Rapsblüte in die Holsteinische Schweiz.

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